LINZ. Thomas Bründl ist der neue Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Oberösterreich. Im Interview spricht der Chef des Marchtrenker Spritzgussunternehmens Starlim Sterner über notwendige Veränderungen, um den Standort wieder zu stärken.
Tips: Sie übernehmen das Amt in herausfordernden Zeiten. Welche Themen sind Ihnen am wichtigsten?
Thomas Bründl: Ein Aufbruch wird notwendig sein. „More of the same“ wird nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Was mich zuversichtlich stimmt, ist, dass es immer breiter ankommt, dass eine Veränderung notwendig ist, um in eine nächste Aufschwungphase zu kommen. Wir haben uns in den letzten vier Jahren aus dem Markt gepreist. Jetzt geht es darum, so rasch wie möglich wieder an das europäische Niveau heranzukommen. Wenn ich zehn Jahre zurückdenke, haben die Deutschen neidvoll zu uns geblickt. Wir waren agil, nicht so bürokratisch, und wir waren veränderungswillig. Dann haben wir begonnen, uns immer mehr einzuzementieren, und geglaubt, wir müssten alles besser machen, zum Beispiel was die Klimaziele betrifft. Über die Jahre ist uns ein Stück weit ein gewisses Maß an Realität abhandengekommen.
Was braucht das Land, um wieder wettbewerbsfähig zu werden?
Bründl: Wir brauchen einen mittelfristigen Plan, wie wir die Lohnstückkosten wieder nach unten bringen, eine absolute Entschlackung der Energiekosten und der überbordenden Bürokratie sowie der Gesetze, die uns überschwemmt haben.
Österreich hat einen der teuersten Strompreise. Das Wirtschaftsministerium kündigte an, dass die energieintensive Industrie für die Jahre 2025 und 2026 wieder einen Strombonus erhalten soll. Ist das ausreichend?
Bründl: Allein das Wort „Bonus“ löst bei mir ein leichtes Magengeschwür aus. Die energieintensive Industrie wird doppelt besteuert, weil sie einerseits die CO2-Zertifikate kauft und andererseits über den Energiepreis das CO2 noch einmal bezahlt. Das ist nichts anderes als eine Refundierung einer zu viel bezahlten Abgabe. Eine Herausforderung wird der gestützte Industriestrompreis, den die Deutschen jetzt von der EU-Kommission bestätigt bekommen haben. Das ist bereits in anderen Ländern passiert und bedeutet damit natürlich einen klassischen Wettbewerbsnachteil für uns.
In Zusammenarbeit mit der Johannes-Kepler-Universität hat das Land Oberösterreich eine neue Exzellenzstrategie für den Standort Oberösterreich vorgestellt, die den Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz legt. Kann KI ein sogenannter „Gamechanger“ werden?
Bründl: KI wird sehr viele Prozesse verändern und stellt eine große Herausforderung für die Gesellschaft dar. Erfolgreich werden diejenigen sein, die am besten eine Kosten-Nutzen-Situation darstellen können. Spielen ist gut, aber letztlich geht es um Business Cases. KI ist vergleichbar mit einem Werkzeugkasten. Mit Sepp Hochreiter haben wir in Oberösterreich eine Vorzeigeperson, die eine Strahlkraft über die Grenzen hinaus hat. Mir war nicht bewusst, dass sich bereits über 2.000 Studierende mit KI beschäftigen. Das ist ein mächtiges Gefühl.
Wie stehen Sie zu Windkraft?
Bründl: Alles, was Energie produziert, wird in Zukunft gebraucht werden. Nur bitte nicht stückweise. Wenn ich ein Haus baue, fange ich auch nicht beim Dach an, sondern mit einem Keller oder einer Fundamentplatte. Darauf baue ich dann auf. Mir fehlt schlichtweg eine Strategie. Was brauchen wir, um mit Energieträgern, die diskontinuierlich Strom erzeugen, im Netz richtig umzugehen? Jetzt bauen wir PV-Anlagen, die wir dann teilweise vom Netz nehmen, wenn zu viel Energie zur gleichen Zeit produziert wird. Mit Windrädern werden wir kein anderes Thema haben. Wir haben nicht 8.760 Stunden Wind im Jahr.
Viele Unternehmen haben Niederlassungen im Ausland. Droht die Gefahr einer Abwanderung?
Bründl: Je mehr wir im Ausland investiert haben, desto besser sind wir in Österreich gewachsen. Das klingt widersinnig, aber wenn man lokal investiert, dann kommt man an eine Kundenklientel heran, die man vorher nie hätte ansprechen können. Jetzt sind wir an einem giftigen Punkt angelangt, weil sich die Kosten in den letzten vier Jahren so stark erhöht haben. Wir tun uns schwer, wenn der europäische Ableger sagt: „Ich kaufe das Produkt von einem anderen Standort ein, weil es aus Österreich heraus zu teuer ist.“ Wir sind mittlerweile von Ländern umgeben, die doch merklich günstiger sind als wir. Was uns hoffentlich nicht abhandenkommt, sind die Headquarters. Es wäre schlecht, wenn sie uns sukzessive entgleiten. Dann sind wir nur noch eine verlängerte Werkbank und schneller austauschbar.
Sie sagen, die Work-Life-Balance sei „aus der Balance geraten“. Was erwarten Sie sich von der Politik und den Arbeitnehmern?
Bründl: Hier ist unser Steuersystem zu hinterfragen. Mittlerweile haben einige entdeckt, dass das Haushaltseinkommen ausreicht. Das ist natürlich ein falsches Anreizsystem, denn gleichzeitig kann man nicht sagen, dass es nur einen Teil der Gesundheits- oder Sozialleistungen gibt. Im Gegenteil, manche reduzieren sogar, um die Sozialleistungen voll auszuschöpfen. Das ist natürlich massiv egoistisch. Mir geht es aber nicht um den Einzelfall, denn natürlich wird jeder versuchen, sich zu optimieren. Hier geht es um das gesellschaftspolitische Thema, dass jeder seinen Teil beiträgt.
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