MAUTHAUSEN. Bewegende, aufwühlende Stunden erlebten die Besucher anlässlich einer Buchpräsentation im Besucherzentrum der Gedenkstätte Mauthausen. David, Estee, Amnon und Gideon Fisher aus Tel Aviv lasen aus den Memoiren ihres Vaters Joseph Fisher „Die Himmel waren vermauert“.
Erst im Jahr 1997 gelingt es Joseph Fisher, seine Erinnerungen an die traumatischen Erlebnisse als Jugendlicher in den Konzentrationslagern Auschwitz, Mauthausen, Gusen und Gunskirchen niederzuschreiben. Der aus Siebenbürgen (Rumänien) stammende Jude war im Mai 1944 im KZ Mauthausen angekommen, überlebte die Lager Gusen sowie den Todesmarsch nach Gunskirchen. Es war ihm zeitlebens unmöglich, darüber zu sprechen. Erst nach seinem Tod im Jahr 1999 fanden seine Kinder David, Estee, Gideon, Amnon und Ronel seine Aufzeichnungen, die nun in Buchform präsentiert wurden.
Emotionale Spurensuche
Sein Notizbuch ermöglichte es ihnen, einen neuen Zugang zu ihrem Vater zu finden und Verständnis zu haben für die unendliche Traurigkeit, die ihn zeitlebens begleitet hatte. Joseph Fishers Aufarbeitung bewegt sich um drei wesentliche Themen: sein Verhältnis zu seinem Glauben, das Trauma aufgrund der erlebten Brutalität und die Frage: Warum habe ich überlebt? 2009 kommt David Fisher, ein israelischer Regisseur, mit seiner Schwester und seinen Brüdern nach Österreich. Eine emotionale Spurensuche beginnt und wird filmisch aufgezeichnet: „6 Million and One“ lautet der Titel der Dokumentation, die erstmals 2011 beim Linzer Filmfestival „Crossing Europe“ präsentiert wurde.
Präsentation der Memoiren
Kürzlich kamen David (61), Estee (64), Gideon (52) und Amnon (48) Fisher erneut nach Österreich. Sie lasen aus den Memoiren ihres Vaters, erzählten persönliche Erinnerungen und zeigten Ausschnitte aus der Filmdokumentation. „Die Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden bekommen durch die Veröffentlichung der Memoiren Joseph Fishers ,Die Himmel waren vermauert' und durch diesen Film ein Gesicht“, sagte Gudrun Blohberger, pädagogische Leiterin Gedenkstätte Mauthausen, anlässlich der Präsentation im Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Mauthausen.
Rudolf Haunschmied kontextualisierte die Aufarbeitung von Joseph Fisher mit einem Beitrag über das „Judenlager“ Gusen II und das unterirdische Flugzeugwerk „Bergkristall“. Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer würdigte das Buch an sich als „nachhaltigste Form in der Erinnerungs- und Aufarbeitungskultur“, das „stärker als Denkmale zur Auseinandersetzung anregen“.
„Die Himmel waren vermauert“
Taschenbuch: 328 Seiten
Verlag: new academic press
ISBN-10: 3700319568
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21.02.2018 13:13
Wirklich bewegend ...
Dieses Buch zu lesen erfordert viel Kraft. Es ermöglicht aber nachzuvollziehen, wie erbarmungslos man vor allem im ehemaligen KZ Gusen II und in den Stollen von St. Georgen/Gusen damals im Krieg mit tausenden Juden verfahren ist, denen bis heute niemand wirklich gedenkt. Man kann auch ablesen, wie viel Kraft es Joseph Fisher gekostet haben muss, diese einzigartigen Memoiren niederzuschreiben. Durch den Fachartikel von Rudolf Haunschmied, wird einem die Bedeutung dieser Memoiren erst wirklich bewusst. Ein Buch, dass jeder im Bezirk Perg gelesen haben sollte.