
Mit der Begründung der Kriminalitäts-Prävention darf im Vereinigten Königreich jeder Kunde, der ein Geschäft betritt biometrisch gescannt werden - ganz legal
In Großbritannien stattet das Sicherheitsunternehmen Facewatch eine Vielzahl an Geschäften wie Supermärkte und Sportgeschäfte mit einer Gesichtserkennungs-Software aus. Unter dem Slogan „Ladendiebstahl reduzieren, eine sichere Umgebung kreieren“ vermarktet das Unternehmen sein System und preist dieses als Präventionsmaßnahme an, um Ladendiebstahl zu verhindern.
Nach einer vier Jahre andauernden Überprüfung von Facewatch kam das britische Information Comissioners Office (ICO) nun zu dem Schluss, dass keinerlei regulatorische Maßnahmen ergriffen werden müssten und die Software somit vollkommen legal zum Einsatz kommen könne.
Spar und Sportsdirect unter Kunden
Auf seiner Website gibt Facewatch an, dass sich in Großbritannien unter anderem Spar und Sportsdirect unter den Kunden des Unternehmens befinden würden. Beim kurzen Sprung in den Supermarkt kann die Kundschaft so nun legal durchleuchtet werden. In den Geschäften montierte Videokameras filmen und zeichnen die Gesichter auf, verarbeiten sie und gleichen sie mithilfe der Facewatch-Software mit einer oder mehreren Datenbanken ab. Diese wiederum sollen Ladendiebe oder solche, bei denen ein entsprechender Verdacht besteht, erkennen und in einem solchen Fall Alarm schlagen.
Künstliche Intelligenz macht Gesichtserkennung zum Schnäppchen
Die Kosten für Gesichtserkennung sind nicht zuletzt durch den Boom von KI-basierten Anwendungen massiv gesunken, was die Verbreitung entsprechender Software weiter befeuert. Laut einer umfassenden Reportage der New York Times können Geschäfte in Form eines Facewatch-Abo-Modells bereits für 250 britische Pfund pro Monat Zugriff auf eine Liste erwerben, auf der biometrische Daten potenziell verdächtiger Personen gespeichert sind. Erkennt die Software ein Gesicht, so wird das Geschäft kontaktiert und kann selbst Maßnahmen ergreifen.
Problematisch daran ist, dass Software wie jene von Facewatch dem Grad, auf den sich auf sie verlassen wird, nicht gerecht werden können, denn die Technik ist nicht alles andere als frei von Fehlern. Besonders wenn sie unter dem Vorwand der Kriminalitätsprävention angewandt wird, kann ein einzelner Fehler in der Software so schnell immense persönliche Folgen für Einzelpersonen haben. In der britischen Stadt Bristol war etwa eine Frau des Ladens verwiesen worden, weil das System sie als verdächtig erkannt hatte. Knapp ein Jahr zuvor sei sie wegen eines Vorfalls, bei dem es sich um eine Summe von 20 EUR handelte, auf einer Liste gelandet, weswegen sie nun als potentiell verdächtig galt. Dabei ist erstens unklar, ob dieser tatsächlich stattgefunden hatte und zweitens wurde die Frau nicht über die Speicherung ihrer Daten informiert.
Auch österreichische Polizei nutzt Gesichtserkennung
In Österreich ist eine solche Form der Gesichtserkennung bisher nicht legal. Seit 2019 kommt jedoch bei der hiesigen Polizei der sogenannte „digitale Bildabgleich“ eine Gesichtserkennungssoftware, die zur Bekämpfung von Kriminalität angedacht ist, zum Einsatz. Im Zuge der Einführung waren immer wieder Diskussionen über die Grenzen und Transparenz der Anwendung entfacht.