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OÖ. Bis zu den Landtags-, Gemeinderats-, und Bürgermeisterwahlen am 26. September erklären die Tips-Redakteurinnen Marlis Schlatte und Katharina Wurzer jede Woche einen Begriff aus dem politischen Fachjargon. Nach dem Landtag folgt nun der Proporz, mit dem im Regelfall eine Proporzregierung gemeint ist.

Oberösterreichs Landesregierung hat eine Proporzregelung, was bedeutet, dass allen im Landtag vertretenen Parteien ein Regierungssitz zusteht, wenn sie eine bestimmte Stärke bei den Landtagswahlen erreicht haben.Bild, 1.Reihe, v.l.: Landesrat Stefan Kaineder (Grüne), Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ), Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), Landesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ), 2. Reihe, v.l.: Landesräte Markus Achleitner (ÖVP), Max Hiegelsberger (ÖVP), Günther Steinkellner (FPÖ) und Wolfgang Klinger (FPÖ) (Foto: Land OÖ/Max Mayrhofer)

Eine Proporzregierung ist eine abgeschwächte Form der Allparteienregierung oder Konzentrationsregierung. Konkret steht allen im Landtag vertretenen Parteien ein Regierungssitz zu, wenn sie bei den Landtagswahlen eine bestimmte Stärke erreicht haben. Das Wort „Proporz“ bedeutet ursprünglich anteilsmäßige Verteilung beziehungsweise Beteiligung. Nach diesem Prinzip wird der Bundesrat zusammengestellt. Bis 1999 hatten auch alle Bundesländer mit Ausnahme von Vorarlberg eine solche Regelung. Aktuell sind es nur mehr Ober-, und Niederösterreich.

Landesregierung in OÖ

In der oberösterreichischen Landesregierung sind derzeit vier Parteien vertreten - die ÖVP (vier Mandate), die FPÖ (drei Mandate) sowie die SPÖ und die Grünen (je ein Mandat). Während die ÖVP und die FPÖ eine Koalition mit gemeinsamem Arbeitsübereinkommen eingegangen sind, profitieren insbesondere die SPÖ und die Grünen von der Proporzregelung. Sie haben eine bestimmte Zahl an Landtagsabgeordneten. Um dieses System zu ändern, wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Zusätzlich zur Landesregierung werden auch in vielen Städten wie Linz Posten im Gemeinderat nach dem Proporz vergeben.

Geschichtlicher Hintergrund

Da auch der Einfluss auf die Vergabe von Posten in staatsnahen Bereichen wie im öffentlichen Dienst als Proporz verstanden werden kann, wurde Österreich früher als Proporzdemokratie bezeichnet. Historisch geht die verhältnismäßige Aufteilung und damit auch gegenseitige Kontrolle auf das Jahr 1945 zurück. Die ÖVP und SPÖ, die damals gemeinsam regierten, wollten zukünftige Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern wie bei den Februarkämpfen 1934 vermeiden. Jahrzehnte später - 1999 - wurde „Proporz“ zum „Halbjahrhundertwort“ gewählt, da er die österreichische Politik und das Sozialeben wie kein anderer Begriff seit 1945 geprägt hätte.

Zustimmung von Bevölkerung

Geht es nach der Mehrheit der Bevölkerung, soll die Proporzregierung auch beibehalten werden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts Spectra im Auftrag der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich unter 800 Befragten. Hier fällt auf, dass sich vor allem Über-50-Jährige für eine Proporzregierung aussprechen, wohingegen Menschen unter 30 Jahren bereits mit dem Begriff wenig anfangen können. Für die Mehrheitsregierung, die Alternative, spricht sich weniger als ein Drittel der Befragten aus.

Alternativen und Kritik

Darunter wird eine Regierung verstanden, die gemeinsam die Mehrheit hat. In Oberösterreich würde das derzeit bedeuten, dass nur mehr die ÖVP und FPÖ vertreten wären. Das Gegenteil hiervon wäre wiederum eine Minderheitsregierung, die Österreich seit 1945 genau ein Mal nach den Nationalratswahlen 1970 hatte.

Bestrebungen, den Proporz abzuschaffen und beispielsweise durch eine Mehrheitsregierung zu ersetzen, gibt es in Oberösterreich seit Jahrzehnten. Die Grünen OÖ stellten unter anderem 1999 einen entsprechenden Antrag und sprachen sich auch kürzlich wieder für die Abschaffung aus. Ein weiterer Kritiker ist der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ). Argumente, die gegen den Proporz vorgebracht werden, sind unter anderem dass nicht klar zwischen Opposition und Regierung getrennt sowie dass eine Parteibuchwirtschaft (Vergabe von Positionen unter parteipolitischem Einfluss, Anm.) gefördert werde. Ob Konflikte in der Demokratie immer förderlich seien, solle hinterfragt werden.


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