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Industrie-Summit Oberösterreich und Niederösterreich: Sieben Forderungen an die nächste Bundesregierung

Tips Logo Karin Seyringer, 11.10.2024 14:40

OÖ/NÖ/LINZ. Rund 50 Spitzenvertreter von Leitbetrieben in Oberösterreich und Niederösterreich haben sich am Freitag in Linz zu einem Industrie-Summit getroffen. Gemeinsam mit Landeshauptmann Thomas Stelzer, Landeshauptfrau Johanna Milkl-Leitner und den beiden Präsidenten der Industriellenvereinigung (IV) Stefan Pierer und Kari Ochsner werden sieben Maßnahmen gefordert, die die kommende Bundesregierung zur Stärkung der schwächelnden Wirtschaft umsetzen müsse.

  1 / 3   Podiumsdiskussion beim Industrie-Summit, v. l.: IV OÖ-Präsident Stefan Pierer, Landeshauptmann Thomas Stelzer, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, IV NÖ-Präsident Kari Ochsner und Moderatorin Birgit Brunsteiner. (Foto: Land OÖ/Peter C. Mayr)

Oberösterreich und Niederösterreich sorgen gemeinsam für 43 Prozent der Wertschöpfung in der Sachgüterindustrie Österreichs. „Niederösterreich und Oberösterreich spielen bei Beschäftigung und Wertschöpfung eine große Rolle. Die wollen wir weiterhin haben, wir wollen und müssen Industrie- und Produktionsländer bleiben“, so Landeshauptmann Stelzer (ÖVP). „Wir setzen darauf, dass die Themen, die es jetzt braucht, im Programm der neuen Bundesregierung Einzug halten, weil es dringend nötig ist, jetzt die Wirtschaft zu stärken, den Standort zu sichern und weiterzuentwickeln.“

„Geraten ins Hintertreffen“

„Die wirtschaftlichen Signale sind alarmierend. 2023 war ein Jahr der Rezession, das geht auch heuer weiter – es ist die längste anhaltende Phase seit 1946“, so Landeshauptfrau Mikl-Leitner (ÖVP). „Wir wissen, dass es alle anderen europäischen Länder besser machen, wir ins Hintertreffen geraten. Daher muss die neue Bundesregierung – egal wie sie aussehen wird – optimale Rahmenbedingungen setzen. Der wichtigste Fokus ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Das ist keine Ideologiefrage, hier geht es um die Überlebensfrage der Wirtschaft und die Sicherung von Arbeitsplätzen. Das ist ein Thema, dass alle angeht.“

„Vor zehn Jahren waren wir in der EU ungefähr im Mittelfeld bei der Wohlstandsentwicklung und bei den Lohnstückkosten. Heute sind wir bei den Lohnstückkosten am letzten Platz, bei der Wohlstandsentwicklung an drittletzter Stelle. Vieles davon ist hausgemacht“, verweist IV OÖ-Präsident Stefan Pierer unter anderem auf hohe Kollektivvertragsabschlüsse, die bei den Unternehmen zu stark gestiegenen Personalkosten geführt hätten.

Sein Kollege, IV NÖ-Präsident Kari Ochsner kritisiert: „Es gibt für Europa und Österreich keine umfassende, proaktive Industrie-Strategie. Hauptproblem ist das Auseinanderdriften zwischen dem europäischen und dem asiatischen Kontinent sowie den USA.“ Es brauche wieder mehr Selbstvertrauen und Optimismus in Europa – „wir können das nur gemeinsam schaffen, brauchen eine viel selbstbewusstere Außenpolitik und Handelspartnerschaften.“

Sieben Maßnahmen gefordert

Sieben - großteils schon bekannte - Maßnahmen wurden nach dem Treffen vorgelegt, die umgesetzt werden müssten und auch kurzfristig umsetzbar seien, für die Stärkung des Industriestandortes Österreich.

„Leistung muss sich lohnen-Paket“

Es brauche Anreize zum steuerfreien Mehrarbeiten, für den Umstieg auf Vollzeitarbeit, die Leistung von Überstunden und das Weiterarbeiten in der Pension.

Stelzer: „Wohlstand und Lebensqualität müssen verdient werden, sich etwas leisten können, kommt von Leistung. Das müssen wir in den Mittelpunkt rücken. Leute, die bereit sind, mehr zu leisten, müssen das unterm Strich spüren.“

Mikl-Leitner ergänzt: „Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein. Und wenn heute nur 20 Prozent der Menschen mehr ins System einzahlen als sie herausnehmen, und bei 80 Prozent ist es umgekehrt, dann kann das Sozialsystem nicht mehr lange funktionieren. Deswegen geht’s um Anreize, wieder mehr zu leisten, auch um das Sozialsystem zu finanzieren.“

Es müsse bei den Leuten auch Verständnis dafür geschaffen werden, dass nur mit Mehrleistung das Niveau gehalten werden könne, so Kari Ochsner. „Wir werden alle älter und sind länger fit, werden daher auch zwei, drei Jahre länger arbeiten müssen. Das gilt nicht für schwere körperliche Arbeit, aber man muss den Leuten die Wahrheit zumuten.“

Senkung der Lohnnebenkosten

Es brauche Entlastung durch eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, der Familienlastenausgleichsfonds müsse aus dem Budget finanziert werden. Pierer fordert zumindest eine Angleichung an Deutschland (rund 23 Prozent Lohnnebenkosten). In Österreich liegen sie bei rund 27 Prozent.

Investitionsprämie

„Wie gelingt es, dass die vielen starken Unternehmen im Land wieder bei uns investieren und hier die Wachstumspotentiale sehen?“, stellt Stelzer die Frage. Die Wiedereinführung einer Investitionsprämie wird hier als Lösung gesehen.

Erhöhte Forschungsprämie

Durch eine Erhöhung der Forschungsprämie und deutliche Ausweitung des Budgets für FFG-Basisprogramme müsse die Forschung ausgebaut werden.

Lehrlings-Ausbildungsprämie

Für mehr Fachkräfte wird gefordert, eine Lehrlings-Ausbildungsprämie für Unternehmen einzuführen, zur Stärkung der dualen Ausbildung und zur Kompensation der zunehmenden Ausbildungsaufgaben.

Senkung der Energiepreise

Eine Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030 wird gefordert, Senkung bzw. Befreiung von Gebühren und Abgaben, Ausbau des Transformationsfonds und eine Überbrückung des Gastransits durch die Ukraine

Mikl-Leitner: „Die Energiekosten müssen runter, sonst ist Österreich nicht mehr konkurrenzfähig. Wir schlagen auch einen EU-Wasserstoff-Fonds vor, damit große Anlagen zur Produktion geschaffen werden können. Und die Leitungskapazität muss schnell ausgebaut werden.“

Weniger Bürokratie

Bekräftigt wird die Forderung nach Entbürokratisierung, schnellere Verfahren durch Digitalisierung und Standardisierung von Genehmigungsverfahren, eine Aussetzung der aufschiebenden Wirkung und nach einem Regulierungsstopp.

Pierer und Ochsner sehen durch die Bürokratie nicht nur Leitbetriebe, sondern vor allem Klein- und Mittelbetriebe massiv gefährdet. „Wir brauchen nicht 25 Prozent Bürokratieabbau von der EU, sondern 50 Prozent.“ Mikl-Leitner: „Jede Ebene, von Brüssel bis zur Gemeindeebene, muss sich einer Aufgabenkritik stellen: Was braucht es, was braucht es nicht. Zum Beispiel die Berichtspflichten seitens der EU – kein Mensch liest diese Berichte.“

Nächstes Jahr in Niederösterreich

Auch nächstes Jahr soll wieder ein Industrie-Summit der beiden Bundesländer stattfinden, dann in Niederösterreich, „hoffentlich unter positiveren Vorzeichen“, sind sich die Vertreter einig.


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