„Jagd im Dialog“: Mit neuer Anlaufstelle Probleme früh erkennen
OÖ/SANKT FLORIAN. Heger, Pfleger, Jäger – immer mehr Menschen in Oberösterreich tragen Lodengrün, die Zahl der Mitglieder steigt. Damit sie sich mit Anliegen und Problemen direkt und vertraulich an den OÖ. Jagdverband mit Sitz im Jagdschloss Hohenbrunn in St. Florian wenden können, wurde die laut Verband österreichweit erste Beratungsstelle „Jagd im Dialog“ eingeführt. Am Montag wurden in St. Florian die Details präsentiert.
Die Jagd hatte zuletzt mit großen Imageproblemen zu kämpfen, der schreckliche Doppelmord Ende Oktober des Vorjahres in Altenfelden im Bezirk Rohrbach wird noch lange im Gedächtnis bleiben. Auch als Konsequenz daraus wurde eine neue Beratungsstelle samt eigener „Einsatzgruppe“ – bestehend aus Juristen, Polizisten, Jagdexperten und Psychologen – eingerichtet.
Sie bietet Oberösterreichs Jägerschaft die Möglichkeit, sich mit Anliegen unterschiedlichster Art niederschwellig, direkt und vertraulich an den OÖ. Jagdverband zu wenden.
„Jagd im Dialog“
„Sorgen, Nöte, Ängste, zwischenmenschliche Konflikte machen auch vor der Jägerschaft nicht halt. Uns ist es wichtig, dass wir auch hier kompetenter Ansprechpartner für unsere Mitglieder sind“, so Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner.
Vom Landesjagdverband wurde mit „Jagd im Dialog“ in enger Zusammenarbeit mit internen und externen Experten ein dreistufiges Modell entwickelt, um mögliche Probleme früh zu erkennen.
In einem ersten Schritt können sich Betroffene via Mail oder telefonisch an den OÖ. Jagdverband wenden. Das Problem wird im zweiten Schritt, wenn nötig, einem externen Experten der Einsatzgruppe vorgelegt, der entscheidet, ob weitere Schritte notwendig sind. Zudem wird ein erstes Beratungsgespräch mit dem Antragsteller geführt. Im Falle einer weiteren Behandlung wird dann die gesamte Einsatzgruppe aktiv und leitet notwendige Schritte ein.
„Praxistaugliches Mittel“
„Wir mischen uns hier bewusst nicht in behördliche Belange ein und sind davon überzeugt, damit ein praxistaugliches Mittel geschaffen zu haben, um mögliche Problemstellen bei Mitgliedern frühzeitig zu erkennen, um wichtige Vorsorgearbeit leisten zu können. Besonders wesentlich ist, dass wir ein interdisziplinäres Team geschaffen haben; mit einem gemeinsamen Ziel: Die Jagd als Leidenschaft über Generationen mit Verantwortung zu leben“, so Sieghartsleitner.
Forderung nach Transparenz bei Jagdkartenausstellung
Für die Ausstellung der Jagdkarte sind unter anderem die Verlässlichkeit sowie die geistige und körperliche Eignung durch Abfragen von Straf- und Waffenregister zu prüfen. Stellt sich dabei eine Vorstrafe oder ein Waffenverbot heraus, wird die Jagdkarte nicht ausgestellt, und die Bezirksverwaltungsbehörde entscheidet über das weitere Vorgehen, inklusive möglicher psychologischer Begutachtung.
Da die Wohnsitz-Bezirksverwaltungsbehörde aber nur über eigene Verwaltungsstrafen informiert ist, würden Verstöße aus anderen Bundesländern oft unbekannt bleiben, sieht Jagd-Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) hier ein Problem.
Sie will diese Lücke geschlossen wissen und fordert auf, bundesweite Transparenz bei der Jagdkartenausstellung zu schaffen, durch ein österreichweites Verwaltungsvorstrafenregister. „Mehr Transparenz, ohne große bürokratische Hürden, ist ein Gedanke, den die nächste Bundesregierung ernsthaft verfolgen sollte. Aus Gründen der Sicherheit, aber auch der Verwaltungsvereinfachung.“
Mitgliederzahl steigt, Jagd auch bei Frauen immer beliebter
Sieghartsleitner freut sich generell, dass die Jagd hoch im Kurs steht, für ihn gelinge es immer besser, „ein realistisches und positives Bild der Arbeit“ zu vermitteln. Das zeige sich auch in den steigenden Mitgliederzahlen.
Im Jagdjahr 2023/24 (das Jagdjahr erstreckt sich von 1. April bis 31. März) waren 20.813 Personen in Oberösterreich im Besitz einer gültigen Jagdkarte, eine weitere Steigerung nach 20.244 Jagdkartenbesitzern 2022/23. Im noch laufenden Jagdjahr 2024/25 steigerten sich die Zahlen nochmals spürbar, auf 21.401 aktive Jagdausübende.
Für den Landesjägermeister besonders erfreulich ist, dass der Anteil der Frauen und der Jungjäger stetig steigt. Aktuell besitzen 2.443 Frauen in OÖ eine Jagdkarte, nach 2.248 im Jagdjahr 2023/24 und 2.051 im Jahr 2022.
1.006 Personen wagten sich 2024 in Oberösterreich an die herausfordernde Prüfung, die „Grüne Matura“, ein Viertel davon Frauen. Zwölf Prozent konnten die Prüfung nicht bestehen – die Geschlechter hielten sich dabei die Waage.
„Vielen Jägerinnen und Jägern geht es heutzutage nicht mehr nur um die Pirsch alleine. Das Bild der Jagd hat sich massiv gewandelt. Wir sind als aktive Jäger auch aktive Naturschützer. Für viele steht daher das Naturerlebnis mit im Vordergrund. Aber natürlich spielt das nachhaltige Wildbret ebenso eine Rolle“, erläutert Sieghartsleitner.
Interesse an Natur und Tieren, Waffe kein Motiv
Laut jüngster Jungjägerumfrage zu den Jagdkursen und Jagdprüfungen in Oberösterreich ist auch für mehr als die Hälfte „Interesse an der Natur und den Tieren“ der Grund, den Jagdkurs zu absolvieren. Die Waffe ist demnach hingegen kein Motiv: In keiner einzigen Rückmeldung war laut Landesjagdverband angegeben, die Jagdprüfung zu machen, um „eine Waffe zu besitzen“.
„Die Befragung spiegelt genau das wider, was uns beim Landesjagdverband besonders wichtig ist: Wir wollen den angehenden Jägerinnen und Jägern eine fundierte Ausbildung angedeihen lassen“, so Sieghartsleitner.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden