Nach Erdbebenkatastrophe: „Wir versuchen jenen zu helfen, die bisher komplett vergessen wurden“
ARBING. Heinz Wegerer war vergangene Woche bereits das dritte Mal seit der Erdbeben-Katastrophe im Februar im betroffenen Grenzgebiet Türkei-Syrien. Als Nothilfe-Koordinator des Hilfswerks International versucht er mit seinem Team und Partnern auch jenen zu helfen, die bisher keine Unterstützung erhielten.
Nur wenige Tage nach seinem Einsatz in den betroffenen Gebieten in der Türkei und Syrien konnte Tips mit Heinz Wegerer über die Situation vor Ort sprechen: „Wir waren in einem kleinen Camp in Harim, Idlib. Dort wohnen 100 Familien. Es ist also ein recht kleines Camp. Das bedeutet auch, dass viele große Organisationen auf die Menschen dort vergessen. Die Familien leben in einfachen Zelten. Trinkwasser gibt es kaum, Sanitäranlagen sind Mangelware. Viele der 100 Familien wohnten bereits Jahre vor dem Erdbeben im Camp. Das Erdbeben hat viel von der bestehenden Infrastruktur beschädigt, laufende Hilfslieferungen wurden unterbrochen“, berichtet der Arbinger. Noch immer haben Rebellen in der Region das Sagen. „Es ist quasi die letzte Ecke, wo diese Menschen hingeflohen sind, aber die Lage hat sich einfach massiv zugespitzt, hier geht es um die Grundversorgung, die Menschen haben einfach gar nichts.“
Bedarf erkennen durchdas Netzwerk vor Ort
Das Hilfswerk International versucht mit den Netzwerken vor Ort genau solche Camps aufzuspüren, die bisher keine Unterstützung erhielten. „Die Hilfsgüter wurden in der Türkei gekauft und dann dorthin gebracht“, erklärt Wegerer. Die Menschen zeigen sich natürlich hier besonders dankbar, weil sie bisher gar keine Hilfe erhalten haben. „Wichtig ist, dass man die Würde dieser Leute auch achtet. Sie wurden bereits entwürdigt, haben jahrelangen Bürgerkrieg hinter sich. Da geht es um Kleinigkeiten, auch wie die Hilfsgüter übergeben werden. Dass man auch mit ihnen spricht, sich ihre Sorgen anhört.“
Um die Situation richtig einschätzen zu können, arbeitet das Hilfswerk International auch mit Leuten zusammen, die selbst betroffen waren. „Sie wissen am besten, wo und wie die Bedarfe sind. Natürlich sind die Themen im Winter andere als im Sommer, darauf müssen wir eingehen und darauf bereiten wir uns auch vor.“
Hilfe zur Selbsthilfe:Wiederaufbau startet
Neben den wichtigen Hilfslieferungen jetzt werden auch für die Zukunft der Menschen Initiativen gestartet. „Das Verteilen der Hilfsgüter muss natürlich irgendwann ein Ende haben. Die Menschen wollen ja auch selbst wieder was aufbauen. Aber das ist gerade in Syrien sehr schwierig, weil es ja überhaupt kein staatliches System mehr gibt dort und keine Infrastruktur, auch Bildungsmöglichkeiten gibt es kaum.“
Projekt für Frauen in Produktion und Handel
Das Hilfswerk International will nun ein Projekt starten, in dem Frauen die Möglichkeit einer Beschäftigung erhalten sollen. „Die Männer sind zum Teil verwundet, vertrieben oder sogar verstorben, die Frauen sind verantwortlich dafür, dass sie für ihre Familie das Einkommen auftreiben“, so Wegerer. Mit geringem finanziellen Aufwand soll wieder eine Infrastruktur für die Produktion von Lebensmitteln und auch den Handel von Gütern aufgebaut werden. 75 Frauen werden so eine Perspektive für die Zukunft bekommen. „Sie wollen selbst was tun und dabei wollen wir sie unterstützen.“
Der 34-jährige Hilfskoordinator wird in den kommenden Monaten auch weiterhin regelmäßig vor Ort sein. „Die Situation in Syrien ist einfach eine andere als in der Türkei. Dort hatten die Leute ja was und haben alles verloren, es wird auch dort noch sehr lange dauern, bis alle Schäden aufgearbeitet wurden und man von einem Wiederaufbau reden kann. In Syrien fehlte es schon vorher an allem, dadurch verschärft sich die Lage. Natürlich ist es erschütternd, wenn man die Zahlen kennt und man doch nur einem so kleinen Teil der betroffenen Menschen helfen kann, aber wenn man sieht, wie die Hilfe ankommt, dann ist es schon ein gutes Gefühl.“ Weitere Infos und Spendenmöglichkeiten gibt’s auf: www.hilfswerk.at/internationalhilfswerk.at/international
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