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In Machlandgemeinde geht eine über 100-jährige Firmen-Ära zu Ende: Bäckerei Kern schließt mit Monatsende ihre Pforten

Markus Hochgatterer, 22.06.2021 18:00

BAUMGARTENBERG. Tägliches Aufstehen zu Zeiten, an denen andere am Wochenende vielleicht gerade ein Mal ins Bett gehen – das gehört für Wilhelm Kern schon in Kürze der Vergangenheit an. Der Entschluss des Bäckermeisters, der seit 1991 mit seiner Frau Helga den Traditionsbetrieb im Ortszentrum in vierter Generation führt, steht fest: mit Monatsende wird zugesperrt.

  1 / 2   Der Name Willi Kern stand über Jahrzehnte für traditionelles Bäckerhandwerk. (Foto: Bäckerei Kern)

„Nach dem in den vergangenen Jahren klar wurde, dass unsere Töchter den Betrieb nicht weiterführen werden, zeichnete sich dieses Szenario bereits seit längerem ab. Das Loslassen fällt daher nicht ganz so schwer. Die Tatsache, dass der Tag der Schließung nun immer näher rückt, lässt auch gleichzeitig die Vorfreude auf Neues – etwa auf mehr Zeit mit der Familie und den beiden Enkerln – steigen. Auch können wir nun ganz anders am gesellschaftlichen Leben im Ort teilnehmen, da das frühe Aufstehen und Bettgehen wegfällt“, erzählt Wilhelm Kern beim Tips-Abschiedsbesuch. Da er bereits zu Schulzeiten seinem Vater oft im Morgengrauen in der Backstube über die Schultern blickte und mithalf, wurde das frühe Aufstehen für ihn bald zur Gewohnheit. Auch in Hinblick auf den Berufswunsch gab es für den jungen Willi damals kein Zögern. Nach dem überraschenden Tod seines Vaters, musste er früher als erwartet bereits 1991 in dessen Fußstapfen treten. Gemeinsam mit seiner Frau Helga und seinem Mitarbeiterteam übernahm er in der Folge über viele Jahre hinweg eine wichtige Rolle als Nahversorger in der Machlandregion und erlebte dabei auch Veränderungen mit. „Während für mich vom Bäcker-Handwerk selbst eigentlich alles gleich geblieben ist, so hat sich im Geschäftsumfeld vieles geändert. Früher war das Brot ein Grundnahrungsmittel, welches meist in großen Mengen gekauft wurde – es hat sich nun aber immer mehr zu einem Genussmittel entwickelt. Kleinere Mengen, dafür aber um so spezifischere Varianten: die Angebotspalette ist heutzutage enorm. Auch die Konkurrenz durch die Supermärkte ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, Traditionsbäckereien mussten sich daher vielmehr mit Spezialprodukten behaupten“, erklärt Kern, der bei der Frage, nach einem der bewegendsten Momente seiner beruflichen Laufbahn auf die Hochwasserkatastrophe 2002 zu sprechen kommt. In einer der dunkelsten Stunden der Gemeindegeschichte, funktionierte er seine Backstube zur Großküche um, und versorgte mit Helfern quasi rund um die Uhr die Bewohner und Einsatzkräfte. „Im Backofen wurden Fleisch und Würstel zubereitet. Brot und Essen sind dann unter anderem mit der Zille ausgeliefert worden. In manchen Ortsteilen etwa war die Zustellung nur über die Dachbodenfenster möglich“, erinnert sich Kern zurück, ehe er sich wieder den Vorbereitungen für die letzte Arbeitswoche widmet und sich am 30. Juni mit einem „Dankeschön an alle“ in die Pension verabschiedet.


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