Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

„So eine Krise hatten wir noch nie“ – gestrandeter Zirkus Kaiser bangt ums Überleben

Walter Horn, 16.03.2021 12:17

RIED. Seit 270 Jahren gibt es den Circus Kaiser. Seit dem 6. November, als er während eines Ried-Gastspiels vom zweiten Corona-Lockdown getroffen wurde, ist der Zirkus auf dem Messegelände gestrandet und kämpft seitdem ums Überleben.

Maiwen (r.) und German Kaiser mit der gebürtigen Riederin Rosalie und ihrer Mutter  (Foto: Tips)
  1 / 4   Maiwen (r.) und German Kaiser mit der gebürtigen Riederin Rosalie und ihrer Mutter (Foto: Tips)

Die Brüder Maiwen und German Kaiser, 23 und 20 Jahre jung, arbeiten und leben in der neunten Generation für das Familienunternehmen. Derzeit müssen sie den Zirkus führen, weil Vater Alex erkrankt in einem Münchener Krankenhaus liegt.

Der Circus Kaiser, sesshaft in München, aber meistens in Österreich auf Tournee, ist zum zweiten Mal während eines Lockdowns in Oberösterreich gestrandet – beim ersten Mal saß der Zirkus in Enns fest.

„Nach dem ersten Lockdown haben wir geglaubt, es sei überstanden. Aber nach nur vier Monaten war dann die Saison endgültig zu Ende“, erzählt Maiwen Kaiser.

Die kurze „Sommersaison“ lief auch deutlich schlechter als normal. Der Zirkus hat ein Zelt für 800 und eines für 1.500 Leute „Wir haben bei unseren Gastspielen das größere aufgebaut und nur 250 Leute reingelassen. Aber nicht einmal die sind gekommen.“

Auch der traditionelle Weihnachtszirkus in Mauthausen, mit dessen Einnahmen der Circus Kaiser normalerweise über den Winter kommt, ist ausgefallen.

Fünf Monate ohne Einnahmen

Auch wenn das Zirkusleben schon im Normalfall kein Zuckerschlecken ist, können sich Maiwen und German Kaiser kein anderes Leben vorstellen: „Wir arbeiten täglich mit der Familie Hand in Hand. Auch wenn es manchmal schwer ist, wollen wir gar nicht normal arbeiten gehen.“

Schon im Normalbetrieb reichen die Einnahmen meistens nur von einem Gastspiel bis zum nächsten. Aber jetzt hat der Zirkus seit fast fünf Monaten, abgesehen von Spenden, keine Einnahmen mehr, aber dennoch beträchtliche Ausgaben. Die Tiere brauchen Futter, es fallen Heizkosten an und auch für die Halle auf dem Messegelände muss Miete bezahlt werden. Um zu sparen, hat der Zirkus einige seiner Lkw abgemeldet.

Weil die meisten Zirkusleute selbstständig sind, gibt es auch kein Arbeitslosengeld - und weil ein Zirkus nicht unter Kultur fällt, kommen auch von dort keine Förderungen.

Die Lage hat sich so verschlechtert, dass der Zirkus gar nicht sofort starten könnte, selbst wenn Aufführungen wieder erlaubt wären. Maiwen Kaiser zählt auf: „Die Maschine des Zugfahrzeugs ist kaputtgegangen, der Diesel ist aufgebraucht, und für das Zelt ist der TÜV fällig.“

Dankbar für Spenden

Der Rieder Bevölkerung und der Messe Ried sind die Zirkusleute aber sehr dankbar: „Die Leute haben wirklich viel gespendet, manche kamen auch mit Brot vorbei. Die Messe stellt nicht nur die Halle zur Verfügung, sie fragen auch immer wieder, wie man helfen kann.“

Deswegen will der Zirkus sich beim Neustart mit zwei Dankesaufführungen bei freiem Eintritt bei den Riedern bedanken.

Mittlerweile sei das Spendenaufkommen allerdings gesunken, auch die meisten Spendenkassen in den Supermärkten mussten wieder abmontiert werden.

„Zusammenhalt ohne Ende“

Im Zirkus arbeiten 20 Leute – acht Familienmitglieder und die Artisten. „Es gibt Zusammenhalt ohne Ende“, schwärmt Maiwen Kaiser. „Sonst könnten wir das gar nicht überstehen. Es kam schon mal vor, dass wir einige Wochen ohne Einnahmen waren, aber so eine Krise hatten wir noch nie.“ 

„Tierfutter ist da, aber wir haben den Lebensstandard heruntergeschraubt“, sagt er und erzählt, dass niemand nur für sich Essen mache, sondern dass immer alles zusammengelegt werde. Um Heizkosten zu sparen, wohnen jetzt mehrere Leute in einem Wohnwagen – „normalerweise hat eigentlich jeder seinen eigenen Wagen.“

Tiere als Partner

Der Zirkus hat 40 Tiere, darunter elf Kamele, die fast alle im Zirkus geboren wurden, sowie Pferde, Ponys, Esel, Ziegen und Schweine, die alle in der Manege auftreten. Aktuell ist Neuzugang Rosalie der Star des Unternehmens – ein kleines Kamel, das in Ried zur Welt kam.

Die Tiere sind für die Zirkusleute Partner, „beinahe Familie“, wie die Kaisers sagen. Bis beispielsweise ein Kamel reif für die Manege ist, sind drei bis vier Jahre Training nötig. „Wenn ein Tier zu alt für die Manege ist, wird es nicht abgegeben, sondern bekommt bei uns sein Gnadenbrot. Das hat es sich durch seine Arbeit im Zirkus verdient.“

Auch den Tieren fehlen die Vorführungen und das Publikum. Das könne auch durch tägliches Training nicht ganz ausgeglichen werden, sagt German Kaiser, der in der Manege Kunststücke mit den Pferden vorführt und auch der Clown ist. „Als wir einige öffentliche Dressuren und Proben gemacht haben und von den Zuschauern etwas Applaus bekamen, haben auch die Tiere ganz anders reagiert.“ 

Spendenkonto: Erste Sparkasse

IBAN AT14 2033 3000 2516 5549


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden