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„Frauen sind es gewohnt, flexibel und innovativ zu sein“

Rosina Pixner, 02.03.2022 13:52

RIED. Kein Unternehmen in der Region beschäftigt so viele Mitarbeiterinnen wie das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried. Im Innviertler Schwerpunktspital arbeiten 1.085 Frauen, etliche auch in Führungsfunktionen. Eine davon ist Karin Baumgartner. Sie ist als Bereichsleiterin die Pflege-Verantwortliche für Zentrale Aufnahme und Erstversorgung, Tagesklinik, Augenambulanz und Pandemiestation.

Karin Baumgartner hat im Rieder Krankenhaus Karriere gemacht. (Foto: KH Ried)
Karin Baumgartner hat im Rieder Krankenhaus Karriere gemacht. (Foto: KH Ried)

Im Interview schildert die Pflege-Expertin, dass Frauen gerade im Krankenhaus heute mehr Karrierewege offenstehen als je zuvor.

Tips: Die vergangenen zwei Jahre waren für das Gesundheitspersonal äußerst herausfordernd – für Frauen noch mehr als für Männer?

Karin Baumgartner: Die COVID-19-Pandemie hat uns gefordert. Alle haben im Dienst ihr Bestes gegeben, Abläufe wurden adaptiert und die erforderlichen Rahmenbedingungen wurden bereitgestellt. Wir haben diese herausfordernde Phase miteinander gut gemeistert. Wenn in dieser Zeit dann aber in den Familien ein Engpass aufgetreten ist, wenn jemand zu betreuen war, dann mussten praktisch immer die Frauen herhalten. Auch das Home Schooling der Kinder hat die Mütter weitaus mehr betroffen als die Väter. Positiv formuliert könnte man sagen: Die Pandemie hat einmal mehr deutlich gemacht, dass Frauen mit volatilen, unvorhersehbaren Situationen gut umgehen können. Frauen sind es gewohnt, flexibel und innovativ zu sein. Diese Vielseitigkeit ist im Job sehr positiv.

Tips: Sie kommen selbst aus der Pflege und sind heute in einer leitenden Funktion. Wie war ihr beruflicher Weg?

Karin Baumgartner: Ich war als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson auf der Intensivstation tätig, schon bald als Stationsleitung. Ich habe dann weitere Ausbildungen absolviert, darunter ein Masterstudium der Pflegewissenschaft und ein MBA-Studium. Mein Arbeitgeber hat mich in dieser Karriereplanung bestens unterstützt und gefördert. Es zeichnet unser Krankenhaus aus, dass Frauen in allen Bereichen und auf allen Ebenen tätig sind, bis hin zur Vorstandsebene: Dort gibt es drei Männer und drei Frauen – eine ausgeglichene Quote!

Tips: Werden Frauen im Gesundheitswesen nicht bis heute oft eher mit einer Hilfstätigkeit in Verbindung gebracht als mit Führungsverantwortung?

Karin Baumgartner: Früher war das verbreitete Bild der Pflege eine dienende Rolle, aber das hat sich sehr geändert. Junge Kolleginnen haben heute ein anderes Selbstverständnis und auch mehr Selbstbewusstsein, ohne deshalb gegenüber den Patientinnen und Patienten weniger fürsorglich zu sein. Gerade die Akademisierung der Ausbildung trägt dazu bei. Die Hochwertigkeit, auch das Schöne der pflegerischen Arbeit müssen wir Pflegepersonen allerdings noch mehr nach außen tragen, um Nachwuchs für diesen wertvollen Beruf zu rekrutieren. In der Medizin gibt es mittlerweile mehr weibliche als männliche Berufseinsteiger, und es gelangen immer mehr Ärztinnen in Führungspositionen.

Tips: Ist es für Frauen nicht auch heute noch schwieriger, einen Führungsjob zu bekommen?

Karin Baumgartner: Es gibt in der Gesellschaft immer noch Rollenzuschreibungen, aber das ändert sich, hoffentlich auch ohne Quotenregelungen. Derzeit spielen Fragen der Kinderbetreuung und der Vereinbarkeit von Familie und Job für Frauen sicher noch eine größere Rolle. Das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern nimmt darauf Rücksicht, mit vielen Angeboten, wie einem eigenen Kindergarten samt Krabbelstube und individuellen Arbeitszeitmodellen – da gibt es im Haus rund 600 verschiedene. Mehr als die Hälfte der Mitarbeiterinnen arbeitet Teilzeit. Auch Wieder- und Quereinsteigerinnen haben gute Karriereperspektiven, das kann ich selbst bestätigen: Nach der Babykarenz bin ich vorerst in Teilzeit wieder eingestiegen.

Tips: Worauf sollten Frauen bei ihrer Karriere achten?

Karin Baumgartner: Frauen sollten sich nicht immer nur als fleißige Arbeitsbiene sehen, die sich Schritt für Schritt nach oben arbeitet, sondern sich auch zutrauen, Karrierestufen zu überspringen. Wenn sich eine Chance ergibt, soll man sie ergreifen. Frauen sollten auch lernen, sich und ihre Leistung besser zu präsentieren. Das machen Männer meistens besser. Und Frauen müssen noch mehr netzwerken.

Tips: Führen Frauen anders als Männer?

Karin Baumgartner: Ich glaube, dass Frauen gerade durch ihre familiären Aufgaben eine hohe Sozial- und Managementkompetenz entwickeln. Sie zeigen in Krisensituationen oft mehr Empathie und Verständnis, und sie können an vielen Strängen gleichzeitig ziehen. Frauen führen anders, und das ist gut so. Sie sollen nicht versuchen, Männer zu kopieren, sondern authentisch bleiben und ihren eigenen Führungsstil entwickeln. Gerade weil Mentalitätsmuster und Perspektiven unterschiedlich sind, ist Diversität in den Führungsteams immer mehr gefragt: Gemischte Teams sind kreativ und zukunftsfähig.


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