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ROHRBACH-BERG. Damit die Gräuel des Zweiten Weltkrieges nicht vergessen werden, lässt man im Rohrbacher Gymnasium immer wieder Zeitzeugen zu Wort kommen. So wie jetzt Harry Merl, der als kleiner Bub diese schlimme Zeit mit- und überlebt hat.

  1 / 4   Der Holocaust-Überlebende Harry Merl erzählte gemeinsam mit Alexandra Föderl-Schmid im Gymnasium von seiner Kindheit als jüdischer Bub in Wien. Foto: Gahleitner

Im Kellertheater des Gymnasiums hat der renommierter Psychotherapeut, der als „Vater der Familientherapie“ in Österreich gilt, Platz genommen, beantwortet in dieser etwas düsteren Atmosphäre die Fragen der aus Klaffer stammenden Journalistin Alexandra Föderl-Schmid und der Schüler und lässt so seine Kindheit wieder aufleben. Es sind vor allem Empfindungen und Gefühle, die hängengeblieben sind.

Der Tod war immer da

Etwa, dass immer weniger Menschen da waren. Selbst seine große Liebe, die im Nachbarhaus einquartiert war, war auf einmal verschwunden. Vier Jahre war Harry Merl alt, als 1938 der Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland erfolgt ist. Seitdem war „der Tod etwas Selbstverständliches, er war immer da“, sagt der Zeitzeuge, der damals in Wien gelebt hat. Viele liebe Menschen habe er verloren, „die Familie ist immer kleiner geworden“, erinnert sich Merl. Und auch seine Mutter hatte Tabletten im Lampenschirm versteckt, damit sie sich selbst und die Familie vergiften könnte, sollten sie auf der Liste zum Abtransport nach Auschwitz stehen.

Monate im Keller gelebt

„Werden die Kohlen schon geliefert?“ – mit diesem Code erfuhren die Eltern, ob Gefahr drohte. Als es dann eines Tages tatsächlich so weit war, konnten sie sich im Kohlekeller des Hauses verstecken. „Warum die Hausbesorgerin so gütig war und uns nicht verraten hat, das weiß ich nicht“, meint der Psychiater heute. Aber dort, im kleinen, schmalen Keller mit den Pritschen an den Wänden, konnte die Familie die letzten Monate überleben. „Es war selbstverständlich für mich. So wie alles selbstverständlich war – ich habe ja nichts anderes gekannt.“ Rückblickend ist er überzeugt, dass „es viele Wunder waren, die ihn überleben ließen.“

Ein Haufen erschossener Leute

Als er dann das erste Mal mit seinem Vater wieder aus dem Haus trat und eine kleine Seitenstraße entlang ging, sah er „einen Haufen erschossener Juden“, schildert der Holocaust-Überlebende mit leiser Stimme. „Da lag eine Frau obendrauf, das Marmeladebrot noch in der Hand. Dieses Bild geht mir nicht mehr aus dem Kopf.“

Als erwachsener Mann und Psychotherapeut redet er über diese Ereignisse und will den Menschen ihre Würde zurückgeben. „Heilung beginnt dort, wenn jemand spürt dass man ihnen als Mensch begegnet.“ Sein abschließender Appell an die Gymnasium-Schüler: „Mit Liebe kann man vieles retten. Wir müssen lernen, das Gute an anderen zu sehen und es ihnen auch zu sagen. Das ändert die Menschen und bringt mehr Frieden, mehr Liebe.“

Im Buch „Unfassbare Wunder“ von Alexandra Föderl-Schmid und Konrad Rufus Müller erzählt neben anderen Zeitzeugen auch Harry Merl von seinen Erlebnissen.


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