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Für freischaffende Künstler ist eine Zeit des Stillstands angebrochen

Martina Gahleitner, 28.04.2020 18:20

BEZIRK. Freischaffende Künstler leben von Engagement zu Engagement. Jetzt allerdings sind sie alle auf Stillstand gesetzt, „mit all ihrem Schönen außer Kraft gesetzt“, wie es Christopher Zehrer auf den Punkt bringt.

Kunst nur mit Abstand macht viele Veranstaltungen heuer nur schwer oder gar nicht durchführbar. Auch beim MOA (Musikclub Open Air) ist noch nicht entschieden, ob es stattfindenwird.  Foto: Bernhard Baumüller
photo_library Kunst nur mit Abstand macht viele Veranstaltungen heuer nur schwer oder gar nicht durchführbar. Auch beim MOA (Musikclub Open Air) ist noch nicht entschieden, ob es stattfindenwird. Foto: Bernhard Baumüller

Christopher Zehrer aus Aigen-Schlägl ist für seine Konzerttätigkeiten als Dirigent, Organist und Countertenor auf der ganzen Welt unterwegs. Normalerweise, denn wegen der Corona-Krise herrscht Stillstand. „Bis Ende August wurden Konzerte in der Elbphilharmonie Hamburg und viele andere tolle Events abgesagt oder verschoben“, berichtet der Musiker, der auch Obmann der Jugendkantorei Schlägl ist.

Wobei er ja noch Glück hat: „Neben dem freiberuflichen Dasein habe ich als Hauptjob seit Anfang März eine volle Dozentur an der Musikhochschule Regensburg bekommen. Es erfüllt mich mit großer Dankbarkeit, dass ich als Lehrender an einer Musikhochschule meine Studierenden auf ihrem Weg begleiten darf, aber auch als freiberuflicher Künstler regelmäßig auf den Bühnen der Welt stehen kann“, sagt Zehrer.

Bankrott für Künstler

Im freischaffenden Bereich lebt man von Engagement zu Engagement, beschreibt der Musiker: „Meistens sind wir zwei Jahre im Voraus gebucht, wenn es gut läuft, und können ungefähr abschätzen, wie es denn am Ende jedes Monat auch mit dem lieben Geld aussieht. In Zeiten wie diesen, in der eine Pandemie alles Leben stilllegt, ist das für die freischaffenden Künstler ein Bankrott.“ Das fehlende regelmäßige Einkommen schmerzt; aber ebenso, dass „der soziale Kontakt zu den Kollegen, die Proben und Aufführungen und vor allem die Bühne fehlt.“ Sein Wunsch: „Unterstützen Sie auch in Krisenzeiten die Künstler, damit es nach der Krise nicht „leer“ wird. Denn die Kunst füllt die Welt mit interessanten, schönen Dingen, die jede Seele erfreuen. Künstler sind für die Welt ein Segen.“

Von Lösungen weit entfernt

Für die in Pfarrkirchen geborene Schauspielerin und Sängerin Christina Scherrer war mit den Maßnahmen zu Covid-19 schnell klar: das bedeutet 100-prozentigen Verdienstausfall. „Da ich vor den Maßnahmen glücklicherweise angestellt war, konnte ich mich beim AMS arbeitslos melden. Heißt: Ich kann überleben. Von gut leben, ist nicht die Rede. Der Großteil der freischaffenden Kunst- und Kultur-Arbeiter und -Arbeiterinnen in Österreich sind Mehrfachangestellte mit ständig wechselnden Arbeitsverhältnissen. Das gestaltet beispielsweise die Antragsabwicklung des Härtefallfonds schwierig und lässt die Berechnung auf Hilfeleistung meist zu einem Lottospiel ausarten“, weiß Scherrer. Diese versprochene unbürokratische Lösung schaue in der Realität bedrückend anders aus. „Die Politik zeigt sich zwar bemüht, auf die Probleme einzugehen, doch von konkreten Lösungen sind wir weit entfernt. Die Vorschläge zeugen von einem großen Unwissen über den Arbeitsalltag im Theater und Kunstbetrieb“, sagt die Mühlviertlerin. Sie befürchtet, dass sie und ihre Kollegen die Letzten sein werden, die ihre Arbeit wieder aufnehmen dürfen. „Vor Herbst wird es wohl kein Theater mehr geben. Die Verdienstausfälle werden sich somit auch bis tief in den Herbst hineinziehen. Wenn die Politik sich nicht schnell mit den Betroffenen zusammensetzt und an einer langfristigen Strategie zu arbeiten beginnt, werden die Kulturschaffenden in diesem Land schneller als uns lieb ist den Kunst- und Kulturtod sterben.“

Kunst nur mit Abstand

Auf die derzeitige Lösung der Politik hat Christina Scherrer mit einem musikalischen Kommentar aus ihrer Reihe „Kunst am Balkon“ reagiert (hier geht's zum Video). Denn die geltenden Restriktionen machen Theaterarbeit unmöglich – „es sei denn es werden ab Mitte Mai nur mehr Monologe geprobt und aufgeführt, allerdings nur mit einer Person pro 20 m2 im Zuschauerraum.“ Die Sängerin greift in dieser Phase des Auftragsstillstandes zu anderen Mitteln, „um nicht künstlerisch stillzustehen“ und hat deshalb Kunst am Balkon gestartet. Dafür schreibt und textet sie selbst Lieder oder textet bestehende Werke zu aktuellen Themen neu um (www.christinascherrer.at/kunst-am-balkon).

Der Spaß miteinander fehlt

Für den Musik-Kulturclub Lembach als gemeinnützigen, ehrenamtlichen Kulturverein ist vorerst die Welt noch nicht völlig zusammengebrochen, weil man existentiell nicht vom Verein abhängig ist. „Was aber nicht bedeutet, dass es weniger schlimm ist“, sagt Bernhard Baumüller: „Uns fehlt vor allem der direkte Kontakt, der Spaß miteinander, die Gemeinschaft und das Mitwirken bei kulturellen Ereignissen, was sozusagen den Treibstoff unserer Motivation darstellt. Das investierte Engagement der letzten Jahre vorübergehend ruhen zu lassen, fällt uns sichtlich schwer, dennoch sind wir nicht untätig.“ Die Zeit wird genutzt, um die Vereinsstruktur zu optimieren. Denn in den letzten Jahren ist der Verein gewachsen an jungen, aktiven Mitgliedern, die in ihrer Freizeit mit anpacken wollen. „Wir haben für jede und jeden eine passende Aufgabe. Wer bei uns wofür zuständig ist, kann man auf Social Media mitverfolgen.“ Diesen bunten Haufen zusammenzuhalten, bedarf auf jeden Fall Kommunikationsgeschick, weiß Baumüller: „Wir treffen uns virtuell, um über die aktuelle Situation zu sprechen, weitere Schritte zu planen und darüber zu diskutieren, wie wir die Aufgabenverteilung effektiver gestalten können. Gefühlt sind wir motivierter als je zuvor.“

Zu schwammige Definitionen

Da die Definitionen der Regierung für Veranstaltungen noch sehr schwammig sind, ist noch nicht entschieden, ob das Musikclub Open Air, stattfinden kann. Alle größeren Veranstaltungen bis Ende August wurden untersagt. „Hier muss definitiv nachgebessert werden und eine sinnvolle Regelung, die auch nachvollziehbar ist, gefunden werden. Dann können auch wir entscheiden, wie wir mit dem MOA verfahren. Eines ist für uns aber völlig klar: Festivalliebe > Corona. Und dank dem Netzwerk österreichischer Festivalfreunde (NOEFF) können wir uns weiterhin mit Gleichgesinnten austauschen und zusammen an der Situation wachsen“, sagt Baumüller.

Unmenschliche Unnähe

Für alle Quizliebende gibt es übrigens das nächste Klʌbquiz am 9. Mai online: Einfach ab sofort unter pubquiz@m-d-g.at anmelden und bequem von Zuhause aus mitraten. „Worauf wir uns aktuell besonders freuen, hoffentlich im Herbst unser Publikum wieder in Empfang nehmen zu können, bei musikalischen Abenden und bei der zweiten Clubweihnacht im Dezember. Denn auf Dauer ist dieser Abstand, diese Unnähe unmenschlich und auch unmöglich.“


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