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Historisches Aktenzeichen XY: Das seltsame Verschwinden einer Mutter

Petra Hanner, 12.06.2023 18:45

BEZIRK ROHRBACH. Im neuesten Heft Nummer 32 „Kultur und Geschichte im Bezirk Rohrbach“ des Bezirks-Heimatvereins macht Ignaz Märzinger auf den Fall einer verschwundenen Frau im Böhmerwald aufmerksam.

2013 bei der Errichtung der Gedenkstätte für Maria Weißenberger (v.l.): Eduard Leitner, Förster Lindorfer, Heinrich Leitner, Josef Weißenberger, Martha Leitner, Gudrun Weißenberger (Foto: E. Leitner)

Im Jahr 1905 verschwand Maria Weißenberger aus Oberschwarzenberg, eine gebürtige Wirtstochter aus Kollerschlag, im Alter von 33 Jahren spurlos und ließ den 56-jährigen Ehemann Josef mit vier Kleinkindern im Alter von zwei bis neun Jahren allein zurück. Es wird vermutet, dass sie sich vielleicht im Böhmerwald beim Heidelbeer-pflücken verirrt hat oder im Plöckensteinersee ertrunken ist. Bei wiederholten Suchaktionen sind weder ihre Leiche noch Teile davon oder Kleidungsstücke gefunden worden. Auch der Plöckensteinersee hat sie bis heute nicht freigegeben.

Das Leben danach

Der Witwer lebte später in Kollerschlag, wo er ein Haus erbte. Sein einziger gleichnamiger Sohn besuchte die Bürgerschule in Oberplan in Böhmen, wo er während der Woche bei einer Familie wohnte. Jedes Wochenende ging er in einem Sechs-Stunden-Fußmarsch zu seinem Vater nach Kollerschlag. Danach kam er in die Lehrerbildungsanstalt in Linz. Nach dem Ersten Weltkrieg setzte er die Lehrerausbildung fort und wurde später erfolgreicher Hauptschuldirektor in Frankenmarkt. Die Gemeinde verlieh ihm die Ehrenbürgerwürde und nach seinem Tod erhielt er ein Ehrengrab im Ortsfriedhof.

Maria, der älteren der vier Geschwister, gelang es mit erst 16 Jahren mit einer Holzschlägergruppe nach Kanada auszureisen, wo sie auch blieb.

Josef Weißenberger senior blieb bis zu seinem Lebensende 1933 alleine. Er ist auf dem Ortsfriedhof in Kollerschlag begraben.

Erfolgreiche Nachkommen

Die Söhne von Hauptschuldirektor Josef Weißenberger, Guntram und Josef, studierten Architektur. Guntram Weißenberger, der 2012 starb, gründete in Philadelphia (USA) die Westover Companies, heute ein millionenschweres Bauunternehmen. Seine Memoiren veröffentlichte der Stararchitekt 2006 im Buch „My Town, das Leben eines Bauunternehmers“, welches in den USA ein Bestseller wurde.

Sein Bruder Josef Weißenberger gründete mit einem Studienkollegen das renommierte Architekturbüro Weißenberger & Ratschenberger in Hof bei Salzburg. Der über 90-Jährige lebt in Salzburg.

Gedenkstätte errichtet

Josef Weißenberger pflegt noch immer einen engen Kontakt zu seinen Verwandten im Oberen Mühlviertel. Ihm ließ das mysteriöse Verschwinden seiner Großmutter keine Ruhe. Um es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und weil sie kein Grab hat, entschloss er sich, eine Gedenkstätte im Böhmerwald zu errichten. Am Steig zum Plöckenstein, wenige Hundert Meter vom Felsaufbau entfernt, fand er eine passende Stelle. Beim „Gefrorenen Weibl“ wurde 2013 ein Eisenkreuz aufgestellt. Auf einem Täfelchen steht: „Andenken an Maria Weißenberger aus Kollerschlag, geb. 1872, geborene Leitner, verunglückt 1905“.


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