Eine Chance, als Gesellschaft ein bisschen mehr füreinander da zu sein
BEZIRK ROHRBACH. Jede Woche trifft sich Anton Gabriel-Wögerbauer mit einer Gruppe von Stockschützen der Ameisberg-Werkstätte, trainiert sie, nimmt mit ihnen an Wettbewerben teil und bringt mit seinem Engagement eine willkommene Abwechslung in die Arcus-Einrichtung. In den nächsten Tips-Ausgaben werden einige solcher beispielgebenden Initiativen aufgezeigt. Sie sollen Motivation sein, sich ebenfalls zu engagieren. Denn neue freiwillige Mitarbeiter sind das Ziel des Sozialprojektes „Berta“.
Der Sozialsprengel Oberes Mühlviertel hat gemeinsam mit dem Arcus Sozialnetzwerk und dem Sozialhilfeverband das Projekt „Berta“ gestartet, um Bewusstsein für die gesellschaftlichen Veränderungen zu schaffen. „Die steigende Lebenserwartung ist zwar grundsätzlich positiv, stellt uns alle aber vor eine Herausforderung. Denn parallel dazu steigt auch der Betreuungs- und Pflegebedarf, während weit weniger Potenzial an pflegenden Angehörigen zur Verfügung steht“, bringt es Sozialsprengel-Obmann Max Wiederseder auf den Punkt. Für ihn stellt sich die Frage nach möglichen Lösungsansätzen - und hier kommen die Freiwilligen ins Spiel: „Der Staat hat zuviel Verantwortung übernommen und stößt jetzt an seine Grenzen. Die öffentlichen Mittel für den Sozialbereich werden nicht mehr, sondern weniger. Für die Gesellschaft, für jeden einzelnen bietet das Chancen, wieder ein bisschen mehr füreinander da zu sein“, lädt Wiederseder zur freiwilligen Mitarbeit in einem der sechs Rohrbacher Altenheime oder in den Arcus-Einrichtungen ein.
Schützenhilfe durch Freiwilligenarbeit
Ob bei regelmäßigen Besuchsdiensten, bei Spaziergängen, Singrunden, beim Feiern von religiösen Festen oder bei der Sterbebegleitung: Möglichkeiten, zu helfen gibt es viele. „Es geschieht schon jetzt sehr viel“, zeigt der Sozialsprengel-Obmann auf. Alleine in seinem Verein wurden im Vorjahr bei regelmäßigen Besuchen knapp 11.000 Stunden Menschlichkeit geschenkt. Wiederseder selbst ist seit vielen Jahren ehrenamtlich aktiv, „ich möchten einen Teil meiner Energie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.“
Das anfangs erwähnte Beispiel von Anton Gabriel-Wögerbauer zeigt, wie es funktionieren kann: Seit fast vier Jahren trainiert der passionierte Stockschütze eine kleine Gruppe von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Die Teilnahme an Wettbewerben ist da stets ein besonderer Höhepunkt: „Wenn sich die Leute freuen, dass sie eine Medaille gewonnen haben, dann ist das auch für mich eine Riesenfreude“, findet Gabriel-Wögerbauer hier Motivation. Solche Anlässe gibt es genug: Noch nie habe es einen Bewerb gegeben, wo jemand ohne Medaille oder Pokal nach Hause gefahren ist, berichtet der Trainer stolz. An ein Endspiel erinnert er sich besonders gut: Seine Truppe lag gegen die bis dahin ungeschlagene gegnerische Gruppe fast aussichtslos 12:0 hinten - da stellte er das Spiel radikal um und so konnte die Partie noch gewonnen werden. Nächstes Jahr werden die Arcus-Stockschützen sogar an den weltweiten Special Olympics in Graz teilnehmen.
Den Arcus-Kunden selbst gibt der fachkundige, außenstehende Trainer Halt und Orientierung, „sie empfinden ihn als willkommene Abwechslung“, berichtet Heinrich Steinmayr, Bereichsleiter der Mobilen Dienste bei Arcus. Für die Betreuer der Werkstätte ist Anton Gabriel-Wögerbauer eine spürbare Entlastung im Alltag.
Singrunde soll entstehen
Auch im Altenheim Lembach wünscht man sich zusätzliche Bereicherung im Betreuungsalltag. Leiter Johann Reiter könnte sich eine Singrunde vorstellen, bei der Freiwillige in regelmäßigen Abständen ins Altenheim kommen und mit den Bewohnern singen und musizieren. Interessierte können sich jederzeit melden.
Namensgeberin für das Projekt ist übrigens Berta Kumpfmüller, die jahrelang nahezu täglich im Altenheim Lembach wertvolle Hilfe geleistet hat und auch Gründungsmitlglied des Sozialsprengels ist. Das Projekt wird über den Leader-Kleinprojektefonds gefördert.
Wer sich freiwillig engagieren will, meldet sich beim Sozialhilfeverband, Gerlinde Arnreiter, Tel. 07289/8851-69318, oder beim Arcus Sozialnetzwerk, Heinrich Steinmayr, Tel. 07283/8531-110.
„Ausflüge machen, ins Kino gehen, Lernen für den Führerschein: Was für viele selbstverständlich ist, ist für Menschen mit Beeinträchtigung oft schwierig. Mit dem Projekt „Berta - freiwillig engagiert“ kann jeder Menschen mit Beeinträchtigung helfen, ihre Freizeit besser zu gestalten oder auch neue Erfahrungen zu machen. Das steigende Engagement aus der Bevölkerung ist für Arcus und die betreuten Menschen von unschätzbarem Wert. Gemeinsam können wir mehr bewegen und zusätzliche Angebote gestalten. Damit freiwilliges Engagement dauerhaft Freude bereitet, soll dieses gut auf die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten abgestimmt werden. Das „Danke“ der begleiteten Menschen kommt aus tiefem Herzen und kehrt ins eigene Herz zurück.“
Franz Stadlbauer, Geschäftsführer Arcus-Sozialnetzwerk
„Ehrenamtliche Arbeit in den Altenheimen ist ein wichtiges Thema und soll weiter gefördert werden. Für unsere Mitarbeiter steht die Pflege der betreuungsbedürftigen Bewohner im Vordergrund - da bleibt oft zu wenig Zeit und Raum für Freizeitgestaltung. Freiwillig Engagierte sind eine gute Ergänzung und Bereicherung zum Wohl der älteren Menschen. Das Projekt „Berta“ rückt dieses wertvolle Ehrenamt in den Vordergrund und ist zugleich Motivation für andere, sich ebenfalls zu engagieren.“
Bezirkshauptfrau Wilbirg Mitterlehner, Obfrau des Sozialhilfeverbandes
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