„Wir müssen endlich aufhören, den Pflegeberuf schlechtzureden“
BEZIRK SCHÄRDING. 1.821 Fachkräfte der Altenarbeit aus ganz Oberösterreich haben einen Offenen Brief an Landeshauptmann Thomas Stelzer übergeben. In diesem weisen sie auf Missstände in stationären Einrichtungen hin.
„Es ist 5 nach 12 und wir haben Sorge, dass es bald zu spät ist“, so der Appell an den Landeshauptmann. Der Grund: das Personal in den stationären Einrichtungen ist stark überlastet, weil die Personalressourcen zu knapp sind. „Der Pflegeschlüssel wurde seit Jahren nicht den Erfordernissen angepasst, das Personal arbeitet ständig am Limit und bricht mehr und mehr weg. Dazu kommt, dass es kaum Nachwuchs gibt“, so Gisela Sabrowsky, Betriebsrätin der Caritas. Und weiter: „Die Politik hat zwar schon einige Kampagnen gestartet, um Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen. Doch die tatsächlichen Bedingungen schrecken viele ab und auch junge Kollegen schauen sich schnell nach einem anderen Standbein um.“
Positiv denken
Für Anita Hötzeneder vom Sozialhilfeverband Schärding ist die Situation im Bezirk Schärding im Moment noch nicht so dramatisch, wie im Brief geschildert. „Derzeit verfügen wir über genügend Arbeitskräfte“, meint Hötzeneder. Und weiter: „Natürlich müssen auch wir um Personal kämpfen. Dies ist aber in anderen Branchen nicht anders. Man liest ja überall vom Fachkräftemangel.“ Hötzeneder mahnt davor, dass der Pfelgeberuf, vor allem in den Medien, schlecht dargestellt wird. „Man liest fast ausschließlich Negatives über unseren Beruf. Das ist natürlich nicht förderlich, wenn es darum geht, Menschen für die Altenarbeit zu gewinnen. Wir müssen endlich aufhören, den Pflegeberuf schlechtzureden“, berichtet Hötzeneder.
Ins schlechte Licht gerückt
Der gleichen Meinung wie Hötzeneder ist auch Roswitha Reisinger, Heimleiterin des Caritas Seniorenwohnhauses St. Bernhard in Engelhartszell. „Es wird hauptsächlich negativ berichtet. Man hat schon fast das Gefühl, dass der Pflegeberuf ganz schrecklich ist. Was jedoch nicht stimmt. Es ist ein toller Beruf mit sehr guten Zukunftsperspektiven“, informiert Reisinger, die berichtet, dass es natürlich ab und zu zum Personalengpass kommt. „Bei uns ist es wie in jeder anderen Firma auch. In der Urlaubszeit oder in Phasen wo Kollegen im Krankenstand sind, kann es schon vorkommen, dass Überstunden geleistet werden müssen. Das stellt für unsere Mitarbeiter jedoch kein Problem dar. Es herrscht ein großer Zusammenhalt.“
Neue Wege
Sowohl Hötzeneder als auch Reisinger berichten von tollen Projekten, die in der Vergangenheit gestartet wurden, um vor allem jungen Menschen den Beruf der Altenpflege schmackhaft zu machen. „Schüler der Neuen Mittelschule St. Aegidi besuchen jeden Freitag unser Heim und machen so erste Erfahrungen im Pflegebereich. Unsere Bewohner freuen sich immer, wenn die Schüler kommen. Ich möchte erwähnen, dass die Kinder dies in ihrer Freizeit tun“, berichtet Hötzeneder. Facebook und InstagramAuch der Sozialhilfeverband arbeitet eng mit Schulen aus dem Bezirk Schärding zusammen. „Vergangenes Schuljahr haben wir ein Projekt mit der Handelsakademie gestartet. Dabei haben die HAK-Schüler ein Marketing-Konzept entwickelt, um junge Menschen für die Altenpflege zu gewinnen. Auch kommendes Schuljahr wird es dieses Projekt geben“, meint Hötzeneder. Eine der entwickelten Strategien ist es, auf Facebook und Instagram aktiv zu sein. „Wir nützen diese sozialen Medien, um junge Menschen anzusprechen. Die Resonanz ist sehr positiv“, so Hötzeneder, die berichtet, dass auch Mitglieder der Landjugend des Bezirks Schärding zum Beispiel das Altenheim in Esternberg besuchten, und so einen Blick hinter die Kulissen der Altenarbeit werfen konnten.
Neue Ausbildungsform
Über neue Ausbildungsmöglichkeiten in der Altenarbeit wurde in der Vergangenheit viel diskutiert. Einige von ihnen wurden bereits in die Wege geleitet. „In Ried im Innkreis beginnt heuer eine dreijährige Ausbildung für Jugendliche ab 15 Jahren. Kommendes Jahr wird auch bei uns im Bezirk Schärding solch ein Lehrgang beginnen“, informiert Hötzeneder.
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