Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

"Meine Mission ist noch lange nicht erfüllt"

Robert Hofer, 16.07.2022 08:43

NEUZEUG. Seit sieben Jahren plant und organisiert Jorgos Trompeter Hilfstransporte nach Griechenland und in dortige Flüchtlingslager, um speziell Kindern und Familien mit Sach- und Geldspenden zu helfen. 

Jorgos Trompeter vor dem Flüchtlingslager in Korinth, rechts die kleine Anika. (Foto: Trompeter)
  1 / 8   Jorgos Trompeter vor dem Flüchtlingslager in Korinth, rechts die kleine Anika. (Foto: Trompeter)

Anika ist ein aufgewecktes, süßes kleines Mädchen im Alter von zwei Jahren. Ihre Eltern mussten aus Kamerun fliehen, strandeten in Griechenland und wurden in der Folge in verschiedene Flüchtlingslager verlegt. Anika kam vor zwei Jahren im Flüchtlingslager Korinth zur Welt. Sie kennt seit ihrer Geburt nichts anderes als ein Leben in einem Flüchtlingslager und es gibt kaum Hoffnung, dass die Familie bald aus dieser Gefangenschaft entlassen wird. „Die Mühlen der griechischen Behörden mahlen sehr langsam. Im Flüchtlingslager sind in Containern mehrere Familien auf engstem Raum zusammengepfercht. Es gibt kein Privatleben“, berichtet der Neuzeuger Jorgos Trompeter von seinem letzten Hilfstransport.

Hoffnung bleibt

In Korinth gibt es keine Organisation, keinen Verein und auch keine NGO, die sich im dortigen Flüchtlingslager um die rund 1.000 Menschen, davon an die 300 Kinder, kümmern. Die Menschen im Lager wären vollkommen auf sich alleine gestellt, wenn da nicht die junge Polin Justyna Idzik und ihr Mann Kostas wären, die sich mit unvorstellbarem Einsatz ehrenamtlich und unentgeltlich in einer reinen Privatinitiative um die geflüchteten Menschen und speziell um die Kinder kümmern würden. „In mir tauchte ein Gedanke auf, den ich nicht mehr verdrängen konnte. Käfighaltung bei Hühnern und Massentierhaltung im Allgemeinen sind längst verpönt, während gleichzeitig Menschen in den Flüchtlingslagern auf engstem Raum in 'Containerhaltung' auf unwürdige, menschenverachtende Art und Weise gefangen gehalten werden“, erzählt Trompeter. „Doch trotz der vielen Demütigungen und Schikanen, denen diese Menschen tagtäglich ausgesetzt sind, blickte ich immer wieder in strahlende Gesichter. Die Menschen lassen sich ihre Hoffnung und Würde nicht nehmen.“

Kein Zutritt zum Lager

Der Zutritt zum Lager wurde dem Neuzeguer und seinen Helfern mit freundlichen, aber sehr bestimmten Worten von einem lächelnden Mann der Security verwehrt, während zwei weitere mit den eindeutig finsteren Blicken von Discotürstehern den Eingang verstellten. Es sei strikt verboten, Hilfsgüter welcher Art auch immer und schon gar keine Lebensmittel, ins Lager zu bringen. Justyna Idzik wusste Abhilfe, denn selbst ins Lager tragen dürfen die Flüchtlinge die Sachen schon. Nach einigen Minuten kamen die ersten Kinder mit ihren Müttern zum Auto aus Oberösterreich. „Ich begann damit, Schokoladetafeln zu verteilen. Die Nachricht sprach sich im Lager wie ein Lauffeuer herum und so wurden wir nach wenigen Minuten von Müttern mit ihren Kindern umringt“, schildert Trompeter. Mütter und Kinder bettelten in herzzerreißender Art um Lebensmittel, vor allem um Milchpulver und auch um Windeln. Über Nudeln freuten sich die Frauen am meisten. „Gottlob konnte ich dank der Hilfsbereitschaft in Österreich mehr als 600 Kilogramm hochwertigste, großteils sogar biologische Nudeln sammeln. Das Essen, das vom griechischen Staat ins Lager gebracht wird, sei ungenießbar, heißt es immer wieder einhellig. Es riecht abscheulich und manchmal würden bereits Maden in dem Essen herumkriechen“, so der Neuzeuger.

Es geht weiter 

Emotional hat Trompeter seine letzte Reise enorm viel abverlangt. „Trauer, Wut, Betroffenheit, ein zerrissenes Herz und unzählige Tränen mischten sich mit dem ungebrochen starken und immer stärker werdenden Gefühl, der Überzeugung und dem festen Willen, weiterzumachen und so bald wie möglich mit einem mit Hilfsgütern vollbeladenen Fahrzeug wieder hierher zurückzukommen. Meine Mission ist noch lange nicht erfüllt und solange mir der liebe Gott die notwendige Kraft und Energie gibt und vor allem, so lange wunderbare Menschen mich in meinem Tun unterstützen, werde ich weitermachen. Für mich ist es eine moralische Verpflichtung, diesen Menschen zu helfen.“

Vier Stationen

Seine elfte humanitäre Mission führte den Neuzeuger mit einem vollbeladenen Transportfahrzeug zuerst in die nordgriechische Kleinstadt Chrysoupolis, wo sich zehn Damen des Vereins „Filoptochos Adelfotita Chrysoupolis“ um viele arme Familien mit Kindern kümmern. Zweite Station der Reise war Voula, 20 Kilometer südlich von Athen, wo Mitglieder der Organisation tandem/Pikpa in einem abgesperrten Gelände teilweise schwerst beeinträchtigte Kinder und Jugendliche betreuen. Danach folgte ein Besuch im Flüchtlingslager Korinth und zum Abschluss das Bergdorf Neraidovrisi im Süden Messiniens, wo sich Garyfallia Stavraki mit ihrem Mann Vangelis um deren authistischen Sohn Apostolis kümmern. Die Familie hat durch einen Brand sein gesamtes Hab und Gut verloren.

1.000 Kilo Hilfsgüter

Insgesamt 3.300 Kilometer legte der 65 jährige Neuzeuger in drei Wochen zurück und verteilte während dieser Reise 1.000 Kilogramm hochwertigste Hilfsgüter. „Ich habe bei meinen Hilfstransporten sehr strenge und strikte Richtlinien und Vorgaben. Niemals würde ich Lebensmittel von großen Konzernen mitnehmen, bei denen auch nur der leiseste Verdacht besteht, dass Kinderarbeit, oder im schlimmsten Fall sogar Kindersklaverei dahinterstecken. Was hat ein Kind in einem griechischen Flüchtlingslager von einer Tafel Schokolade, wenn am anderen Ende ein Kind darunter leidet, ausgebeutet wird, keine Schulbildung bekommt“, sagt Trompeter. „Natürlich ist es um ein Vielfaches schwieriger, solche Hilfsgüter zu beschaffen, aber es erfüllt mich mit unbeschreiblich großer Freude, dass alle, die mich unterstützen, für diese Philosophie vollstes Verständnis haben.“


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden