Zwölf-Stunden-Tag: „Auslegungsfragen rasch klären“
STEYR. Nach hochemotionalen Debatten hat das Parlament kurz vor der Sommerpause die Ausweitung der Höchstarbeitszeit beschlossen. Vor allem das Vorziehen der Arbeitszeitflexibilisierung auf den 1. September kam dabei durchaus überraschend. Viele Fragen sind noch offen.
Mit dem Beschluss wird die mögliche Maximalarbeitszeit auf zwölf Stunden pro Tag und sechzig Stunden pro Woche ausgedehnt. Die Normalarbeitszeit bleibt aber grundsätzlich bei acht Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche.
Ausnahme wird Regel
„Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung oder das Vorliegen eines vorübergehend auftretenden erhöhten Arbeitsbedarfs entfallen als Voraussetzungen für die Ausdehnung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit auf zwölf Stunden. Die Ausnahme wird damit zur Regel“, erklärt Arbeitsrechtsexpertin Elisabeth Rieger. „Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes sind zukünftig neben Arbeitnehmern mit maßgeblicher selbständiger Entscheidungsbefugnis auch Familienangehörige, wenn ihre gesamte Arbeitszeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird oder hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann. Dies ist eine große Erleichterung, gilt allerdings nur für Arbeitnehmer in Einzelunternehmen.“
Ruhezeit im Gastgewerbe
Zu einer Erleichterung kommt es bei der Verkürzung der täglichen Ruhezeit im Gastgewerbe bei geteilten Diensten. „Die Verkürzung von elf auf acht Stunden ist künftig in allen Betrieben und bei allen Arbeitnehmern möglich. Die Voraussetzung der Saison und die Bedingung einer Vollzeitbeschäftigung sind entfallen“, sagt Rieger.
Überstunden – ja oder nein
„Die elfte und zwölfte Stunde sind Überstunden“, betont die Arbeitsrechtsexpertin. Die tägliche Normalarbeitszeit von acht Stunden und die wöchentliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden ändern sich nicht. „Arbeitnehmer können die Leistung dieser Überstunden grundlos ablehnen und dürfen dafür nicht benachteiligt werden.“
Durchrechnungszeitraum
Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf ab dem 1. September 60 Stunden betragen. „Jedoch bleibt die Beschränkung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden innerhalb eines Durchrechnungszeitraums von 17 Wochen bestehen“, erklärt Rieger. „Es können in Summe jetzt aber mehr Überstunden pro Jahr geleistet werden.“
Mehr Flexibilität
Durch die Neuregelungen werde sicherlich ein Mehr an Flexibilität erreicht, das genutzt werden kann. „Bestehende Vereinbarungen und Modelle müssen aber unbedingt überprüft werden. Darüber hinaus gibt es noch viele Auslegungsfragen, die möglichst rasch geklärt werden müssen“, betont Rieger.
Fragen und Antworten
Die Wirtschaftskammer Steyr und Deloitte laden Klein- und Mittelbetriebe am Donnerstag, 6. September, zu einem Informationsabend unter dem Titel „Fragen und Antworten zum Zwölf-Stunden-Tag“ ein. Referenten sind Steuerberater Roland Zachhamel (Deloitte Linz) und Arbeitsrechtsexpertin Elisabeth Rieger (Deloitte Steyr).
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