Recht auf Schule: Down Syndrom Verein unterstützt Bürgerinitiative
VÖCKLABRUCK. Kinder mit sozialpädagogischem Sonderbedarf dürfen derzeit nur zehn Schuljahre absolvieren. Eltern können zwar zwei weitere Schuljahre beantragen, diese werden aber immer öfter abgelehnt. Der Vöcklabrucker Verein 46+1, Down Syndrom unterstützt eine Bürgerinitiative, die das ändern will.
„Eltern werden zu Bittstellern degradiert, wenn sie ihre Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf länger als zehn Jahre in die Schule schicken wollen. Sie sind der Willkür von Behörden ausgesetzt, die nur selten darauf achten, was das Beste für das Kind ist“, sagt Birgit Brunsteiner vom Verein 46+1, Down Syndrom. Der Verein unterstützt daher die Bürgerinitiative „Recht auf Schule“ des Förderzentrums 3x21 in Wien.
„Mehr Schuljahre erhöhen die Möglichkeit zur Selbständigkeit“
„Viele unserer Kinder könnte das in den nächsten Jahren betreffen“, sag Vereinsobfrau Verena Kettl. Die zwei zusätzlichen Schuljahre sind für die kognitive Entwicklung von Jugendlichen mit Down Syndrom besonders wichtig. Aufgrund der typischen Entwicklungsverzögerung sind diese Kinder meist im Alter von 16 Jahren noch nicht reif genug für den Beginn einer Lehre oder den Arbeitsmarkt. Sie sind noch mitten in einem Entwicklungsprozess, der mit dem Ausschluss aus der Schule plötzlich und zu früh abgebrochen wird. „Absolventen einer AHS oder BHS können in Österreich automatisch zwölf oder 13 Jahre eine Schule besuchen, für unsere Kinder sind bereits das elfte und zwölfte Schuljahr bewilligungspflichtig. Unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung erteilt werden muss oder abgelehnt werden darf, wird in keinem Gesetz geregelt“, sagt Brunsteiner. Vor allem in Wien hätten sich in den vergangenen Monaten Fälle gehäuft, in denen Kindern mit Down Syndrom der weitere Besuch einer Schule ohne Begründung verwehrt worden sei. „Mehr Schuljahre erhöhen die Möglichkeit zur Selbständigkeit und daher auch die Chance auf einen inklusiven Arbeitsplatz in der Zukunft“, erklärt Obfrau Verena Kettl, warum der Vöcklabrucker Verein diese Initiative unterstützt.
Spießrutenlauf für Eltern
Dass Kinder mit Behinderung kein Recht auf ein elftes oder zwölftes Schuljahr haben, entspreche nicht den Richtlinien der UN-Behindertenkonvention, die Österreich bereits im Jahr 2008 ratifiziert hat. „Die Schwierigkeiten beginnen aber schon viel früher“, sagt Brunsteiner und verweist darauf, dass die derzeitige Rechtslage es nicht zulässt, Kinder mit starken Entwicklungsverzögerungen ein bis zwei Jahre später einzuschulen. „In der Vergangenheit ist es bei uns im Bezirk zwar mit Unterstützung der zuständigen Behörden immer wieder einmal gelungen, eine gemeinsame Lösung zu finden, aber jeder neue Fall ist ein Spießrutenlauf für die Eltern, verbunden mit dem Zittern, dass gegen die Bedürfnisse des Kindes entschieden wird.“ Die Bürgerinitiative fordert eine Änderung des Schulpflichtgesetzes, um Kindern mit Beeinträchtigung eine spätere Einschulung zu ermöglichen und einen gesetzlich definierten Anspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr. Daneben brauche es inklusive Unterrichtsformen und andere, sonderpädagogische Angebote in der Sekundarstufe 2 (AHS und BHS), die Zuteilung notwendiger pädagogischer Ressourcen und den Ausbau der sonderpädagogischen Ausbildung an pädagogischen Hochschulen. „Es muss endlich aufhören, dass unsere Kinder wie Schüler zweiter Klasse behandelt werden“, sagt Verena Kettl, selbst Mutter einer achtjährigen Tochter, die mit dem Down Syndrom lebt. Mitglieder des Vereins 46+1, Down Syndrom werden in den nächsten Wochen Unterschriften für die Bürgerinitiative sammeln, unter anderem am Vöcklabrucker Wochenmarkt. Einsendeschluss für die Unterschriftenlisten ist der 14. November.
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