Drei „erheblich diskussionswürdige“ Straßennamen in Wels
WELS. Eine Untersuchung eines Historiker-Teams hat die Straßen der Stadt nach belasteten Namen untersucht. 17 Straßennamen haben Diskussionsbedarf, drei weitere erheblichen.
Da Straßennamen in den letzten Jahren kritisch betrachtet werden, hat Bürgermeister Andreas Rabl 2020 das Stadtarchiv Wels mit einer Untersuchung aller Straßennamen beauftragt. Ein Historiker-Team rund um den Leiter des Stadtarchives, Michael Kitzmantel, hat sich daraufhin alle 304 nach natürlichen Personen benannten Verkehrsflächen näher angesehen. Dem Team gehörte auch Kitzmantels Vorgänger Günter Kalliauer an. Als Kontrollorgan hat man das Landesarchiv bemüht.
Umfangreiche Untersuchung
Ziel der Untersuchung war es, problematisches Verhalten von Personen, nach denen Straßen benannt sind, festzuhalten, diese nach Kriterien zu untersuchen und in zwei Kategorien einzuteilen. Daraufhin wurden wissenschaftlich fundierte Kurzbiografien von drei bis fünf Seiten erstellt.
Betrachtet hat man das Wirken der Personen immer im Kontext der Zeit. Untersucht wurde neben Antisemitismus, Rassismus, Nationalismus, Nationalsozialismus, alle totalitären Regime, auch antidemokratische und heute strafrechtlich relevante Handlungen. Personen, die vor 1815 (Aufklärung der Masse) gewirkt haben, wurden nicht berücksichtigt, weil sie zu weit vom modernen Denken entfernt sind.
Zwei Kategorien
In die Kategorie 2 wurden Personen mit Diskussionsbedarf eingestuft. In diese Kategorie fallen in Wels die 17 Namen Richard Billinger, Theodor Billroth, Bertold Brecht, Dwight Eisenhower, Emil Ertl, Igo Etrich, Franz Karl Ginzkey, Robert Hamerling, Franz Lehár, Heinrich Lersch, Max Mell, Karl Schönherr, Franz Stelzhamer, Julius Wagner-Jauregg, Richard Wagner, Franz Friedrich Wallack und Josef Weinheber
Resl, Waggerl und Kuhn
In die Kategorie 1 fallen Personen beziehungsweise Straßennamen mit erheblichem Diskussionsbedarf. Das betrifft die Namen Franz Resl, Karl Heinrich Waggerl und Richard Kuhn.
Nach Franz Resl (1883 bis 1954) ist in der Pernau die Franz-Resl-Straße benannt. Er war ein humoristischer Vortragskünstler und Mundart-Schriftsteller. Er veröffentlichte NS-Propaganda und antisemitische Texte und war Ratsherr. Ebenfalls in der Pernau ist die Waggerl-Straße, nach Karl Heinrich Waggerl (1897 bis 1973) benannt. Der Schriftsteller und Lehrer Waggerl war wie Resl Mitglied der NSDAP und ist auch durch NS-Propaganda und antisemitische Texte aufgefallen.
Nach dem Chemiker Richard Kuhn ist die Straße in der Noitz-mühle benannt. Kuhn (1900 bis 1967) hat sich wissenschaftlich mit Vitaminen beschäftigt, entwickelte mit Kollegen das Kampfgas Soman. Auch er ist durch eine dem NS-Regime nahestehende Haltung aufgefallen.
Diskussionsprozess folgt
Dem Bericht des Stadtarchives wird im Herbst ein Diskussionsprozess im Gemeinderat folgen, wie der Bürgermeister ankündigt. Es soll geklärt werden, wie mit den betreffenden Straßennamen umgegangen wird – ob Straßennamen umbenannt werden oder nicht und ob Zusatztafeln mit Informationen angebracht werden. Rabl sprach sich gegen eine Umbenennung aus.
Für alle einsehbar
Der Bericht ist unter www.wels.gv.at (Bildung und Kultur/Stadtarchiv) abrufbar.
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26.07.2023 17:27
Müssen wir immer wieder dieses Thema aufwärmen
Wir haben doch viel wichtigere Themen und kümmern uns immer um die längst vergangen. Es war eine andere Zeit und es immer wieder aufzuwärmen, wird die Vergangenheit nicht ändern. Die wenigsten werden noch wissen für was diese Namen stehen, wenn sie überhaupt daran beteiligt waren. Kann mir nur meinem Vorgänger anschließen - UNSINN
24.07.2023 17:57
70 Jahre danach
Unsinn.