Hühner- und Putenfleisch: Tierschutz-Standards in Österreich auf niedrigem Niveau
9,3 Kilogramm Hühnerfleisch essen Herr und Frau Österreicher im Schnitt pro Jahr. Bei Putenfleisch sind es aktuell 2,6 Kilogramm pro Kopf. Während Hühnerfleisch in Österreich zum Großteil im Inland produziert wird, ist Österreich bei Putenfleisch zu knapp 60 Prozent auf Importe aus dem Ausland angewiesen.
Insgesamt wurden vom AK-Konsumentenschutz und VIER PFOTEN Tierwohlstandards bei Mastgeflügel von sechs Gütesiegeln mit den österreichischen sowie europäischen gesetzlichen Mindeststandards verglichen. Zwar sichern österreichische Standards vor allem Puten mehr Platz, da es hier auf europäischer Ebene überhaupt keine Mindeststandards gibt. Allerdings ist Österreich gerade bei Pute zu 60 Prozent von ausländischen Importen abhängig. Davon abgesehen, werden in Österreich bei der Pute als auch beim Masthuhn ganz wesentliche Tierwohlaspekte nicht berücksichtigt.
Ob in der Putenwurst im Supermarkt billiges Geflügelfleisch aus dem Ausland steckt, oder das Putenschnitzel im Restaurant unter katastrophalen Haltungsbedingungen produzierte wurde, können Konsumenten nicht erkennen. Grund dafür ist, dass es bei verarbeitetem Fleisch und in der Gastronomie nach wie vor keine verpflichtend Herkunftskennzeichnung gibt. Eine europäische Lösung ist frühestens Ende 2022 in Sicht. Damit bleiben natürlich auch Haltungsstandards von importierten Hühnern und Puten im Dunkeln.
Immerhin haben Puten und Hühner auch in der konventionellen Landwirtschaft in Österreich mehr Platz, als im europäischen Durchschnitt. Während österreichische Puten um ein Drittel mehr Platz haben, wie ihre europäischen Artgenossen, leben Masthühner auf 30 kg/m². Der europäische Mindeststandard bei Hühnern erlaubt eine maximale Besatzdichte von 33 kg/m², also nur geringfügig weniger Platz. Anders sieht es bei Bio-Geflügel aus: Laut der EU-BIO Verordnung sowie bei den Labels BIO-Austria und AMA-BIO haben sowohl Puten als auch Masthühner deutlich mehr Platz. In Österreich sind in etwa 20 Prozent aller Putenmast- und Masthuhnbetriebe BIO.
Abgesehen von der geringeren Besatzdichte, geht es Hühnern und Puten in Österreich in der konventionellen Mast nicht besser, als im übrigen Europa. So erlaubt das AMA-Gütesiegel wie auch das österreichische Recht den Einsatz von schnellwachsenden Hochleistungsrassen in der konventionellen Geflügelmast, die auf völlig unnatürliche Ausmaße anwachsen: Das Schlachtgewicht beträgt bei männlichen Puten bis zu 21 kg. Im Vergleich dazu kommen ausgewachsene männliche Truthühner in der freien Natur nur auf etwa 5 bis 11 kg. Diese Hochleistungstiere müssen bis zu einem Kilo pro Woche in ihrem kurzen Leben zulegen, bevor sie mit 15 bis 20 Wochen geschlachtet werden. Durch das schnelle Wachstum und ihr hohes Endgewicht haben vor allem Puten in ihren letzten Lebenswochen Schwierigkeiten sich zu bewegen. Das viel zu schnelle Wachstum kann zu Lahmheit und massiven Knochen- und Gelenksprobleme bei sowohl Hühnern als auch Puten führen. Übrigens: Im Biobereich sind schnellwachsende Rassen nicht erlaubt.
Die Konsumentenschützer der AK OÖ fordern daher auch bei verarbeitetem Fleisch sowie in der Gastronomie eine konsequente Kennzeichnung von Haltungsstandards und Herkunft von Hühner- und Putenfleisch. Nur so können Konsument selbst entscheiden, welche Qualität ihr Fleisch haben soll. Aber auch im Bereich Tierwohl gibt es Nachbesserungsbedarf: Ein Verbot des Schnabelkupierens bei Puten, Zugang zu Auslauf ins Freie, sowie den Einsatz langsamer wachsender Rassen.
Weitere Informationen finden Sie auf ooe.konsumentenschutz.at.
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