Wieviel Dieselcoleur verträgt ein schneidiges Sport-Coupé?
Normalerweise sind wir ja in Sachen Selbstzündersportwagen nicht so streng. Ein moderner Diesel-Motor darf ja heutzutage hoch drehen, gut durchziehen, (relativ) kernig klingen und als Draufgabe auch noch wenig verbrauchen. Allesamt positive Attribute. Dennoch war unser Verhältnis zum nagelneuen Audi TT 2.0 TDI anfangs ein eher zwiegespaltenes.
Das liegt vielleicht am neuen Auftritt. Der TT hat nämlich genau dort an Schärfe zugelegt, wo der Vorgänger noch ein wenig geschwächelt hat: an der Front und der jetzt stärker konturierten Seitenansicht. Vor allem der kurze aber umso breitere Vorderwagen ist den Audianern ausnehmend gut gelungen. Der ausladende Singleframe-Grill und die schmal geschnittenen Scheinwerfer verleihen dem TT genau jene unterschwellige Aggressivität, die auf der Überholspur gerade noch als politisch korrekt durchgeht, sich aber dennoch nachhaltig in die Netzhaut brennt. Heckwärts erkennt man die neue Generation erst auf den zweiten Blick – hier sei das neue Leuchtenlayout als Anhaltspunkt genannt.
Dann steigst du ein und es umfängt dich das derzeit wohl interessanteste Auto-Interieur am Markt. Unwillkürlich fragt man sich, warum bislang noch kein anderer auf diese grandiose Idee gekommen ist, die Klimasteuerung digital in die Lüftungsdüsen zu verlegen oder den Mittelkonsolen-Bildschirm komplett hinters Lenkrad zu verfrachten. Natürlich blenden auch andere Hersteller Tacho und Drehzahlmesser digital ein – nur im TT lassen sich die Anzeigen halt ganz easy per Knopfdruck verkleinern und zur Seite schieben. Es entsteht Platz für detailreiche Anzeigen aus Bordcomputer, Entertainmentsystem, Telefonie oder falls geordert der Google-Map. Insgesamt findet man sich in einem modernen, erfrischend zurückgenommenen Interieur wieder. So muss ein moderner Audi innen aussehen!
Dann drückt man an diesem eisigen Wintermorgen den stylischen Startknopf hinter dem ebenso stylischen Schalthebel. Am Display schlagen die Rundinstrumente einen Salto und es erscheint sinnigerweise „Motor startet“. Cirka drei Sekunden passiert nichts. Ja und diese drei Sekunden wirken irgendwie wie zehn. Und dann startet der Motor. Aber wie. Kein kerniges Husten aus den dicken Auspuffrohren erklingt, sondern – Sie haben es bereits erraten – lautstarkes Dieselgenagel! Unwillkürlich fragt man sich, warum Audi nicht ein paar Kilo mehr an Dämmmaterial verbaut hat. Und genau dieses Kaltstartverhalten verhagelt dem TT den grandiosen Auftritt, den er sich vom Design her eigentlich verdient hätte.
Zum Glück dauert die Warmlaufphase nur wenige hundert Meter und das Taxi-Gehabe reduziert sich auf dezentes Brummen. Wer den „Dynamic“-Mode wählt, bekommt gar nicht so üblen Sound geliefert – allerdings künstlich generiert und auch erst wenn der Motor Betriebstemperatur erreicht hat. Der 184 PS starke TDI – wir kennen ihn bereits aus diversen Produkten des VW-Konzerns – hat mit dem leichten TT keine Mühe, beschleunigt ihn flott in lustige Regionen. Das Aggregat ist dabei durchaus drehfreudig, immer wieder werden wir vom Begrenzer zum Hochschalten gezwungen. Auch das funktioniert geschmeidig und präzise, wie auch die zackige Lenkung ganz der neuen TT-Schärfe entspricht.
Kurven durcheilt der Audi TT neutral und ohne gröberes Eigenleben. Lediglich wenn´s rutschig wird, fällt die Abwesenheit des Quattro-Antriebs auf. Vor allem wenn das dicke Drehmoment über die Vorderräder herfällt. Insgesamt verschont uns der Audi TT mit übertriebener Härte, lange Autobahntrips sind naturgemäß die Domäne der TDI-Version. Außerdem spielt der große, leicht erweiterbare Kofferraum super mit.
Ganz dem Selbstzünderprinzip entsprechend zeigt die Verbrauchsanzeige selbst bei winterlichen Temperaturen und beherzter Fahrweise im Schnitt nur rund 6,3 Litern an. Ein Wert, auf den es uns aber bei einem Sportcoupé nicht unbedingt ankommt. Wir würden ohne Bedenken zwei Liter Mehrverbrauch gegen adäquaten Motor- und Auspuffsound eintauschen.
Unser Fazit
Audi TT kaufen? Ja unbedingt, aber den TFSI nehmen. Und Quattro. Und LED-Matrix. Und Google Navi. Und Misano-Rot. Und damit wahrscheinlich den Preis fast verdoppeln. Aber so ist das halt, bei diesen von A bis Z durchkomponierten Autos. Da reicht eine Kleinigkeit und die mühsam aufgebaute Atmosphäre ist dahin. Und jedes Mal beim Starten den Radio voll aufdrehen, wird wohl auf Dauer auch nicht die Lösung des Problems sein. Also nochmals liebe Leute: Benziner nehmen!
Mehr über Audi finden Sie auf
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Pro
+ das neue scharfe Design
+ Lüftungsdüsen mit Heizungsregelung
+ Vernunft mit oder ohne Diesel
Contra
- TDI im TT – auch wenn wir im Dieselland leben