Ein VW Golf ist bis zu einem gewissen Grad immer auch für die breite Masse konzipiert. Der R TSI 4MOTION ist dabei die regelbestätigende Ausnahme.
Geschichten vom Golf gibt es unendlich viele, und von fast Anfang an war dabei auch immer eine mit sportlichem Handlungsstrang. Irgendwann war man bei VW dann der Meinung, dass GTI alleine zu wenig ist und legte die Latte mit dem „R“ in jedweder Hinsicht um zwei Stufen höher. Aktueller, und angesichts einer wohl elektrischen Zukunft vielleicht auch finaler Akt, ist die im Zuge des letzten Facelifts verpasste Leistungsspritze.
Bei 333 PS ist der eigentlich ganz normale Kompakte mittlerweile gelandet und steht damit endgültig auf einer Stufe mit potenten Sportwagen, dynamischen Coupés und…E-SUV´s. 420 Newtonmeter bei 2.100 Umdrehungen und Allrad bescheren dem Golf R mit 4,6 Sekunden einen beachtlichen Wert für den Sprint von 0 auf 100 km/h. Bis auf diverse M- oder RS-Geschwüre abgesehen war man bis vor einigen Jahren damit King of Ampelstart. Heute hast du, wenn du nicht aufpasst, das Nachsehen gegenüber elektrischen Volvos und Kias.
Freilich ein Vergleich der hinkt. E-SUV´s machen sowas nicht, und natürlich sind Ampelstarts nur was für Pubertierende, die bei einem Kaufpreis ab 69.590,00 EUR als Käuferschicht aber eh wegfallen. Trotzdem scheint die Notwendigkeit sich auch querdynamisch zu profilieren für ein Auto wie den Golf R eminenter als je zuvor. Dementsprechend gibt sich der VW hier völlig humorlos. Allrad, Sportfahrwerk und das die Antriebkraft verteilende Torque Vectoring lassen den R durch Kurven fliegen, dass einem ganz warm ums Herz wird. Grenzbereich? Nie gesehen.
An dieser Stelle kommt des Öfteren der Verweis auf eine eh auch vorhandene Komfortader, und das man auch ganz entspannt von A nach B fahren kann. Hier nicht. Der Golf R versteht sich als ganzheitlicher Sportwagen, ganzheitliches Erlebnis inklusive. Ergo dessen liegt er auch in der Comfort-Einstellung, sollte sich dorthin jemals jemand verirren, wie ein Brett auf der Straße. Besser gleich in den alle Systeme schärfenden Race-Modus wechseln. Wer es unbedingt komfortabel haben will, kann ja die Sitzheizung aktivieren.
Der große Rest feiert das sehr straffe Fahrwerk, den raunzenden Turbobenziner, die unmittelbar ansprechende Lenkung und die giftigen Bremsen. Derart zugespitzt saugt der Golf Kurven förmlich auf um sie demoralisiert wieder auszuspucken. Dafür ist übrigens kein Rennfahrerseminar erforderlich. Nervosität ist dem VW genauso fremd wie Seitenneigung oder Wankbewegung, es kann mit ihm quasi jeder schneller unterwegs sein, als die Polizei erlaubt.
Die muss ihn freilich erst mal erkennen, weil so arg sieht der R gar nicht aus. Schicke Felgen, markante Front und blaue Bremssättel geben den Top-Golf erst auf den zweiten Blick zu erkennen, lediglich die vier Endrohre sind optisch wie akustisch ein deutliches Ausrufezeichen. Ähnliches Bild im Interieur: Ziernähte, Sportsitze, blaue R-Taste und Alupedale setzen Akzente, fügen sich in echt aber in ein im Besten Sinne typisches VW-Innenleben ein. Großer Screen, feine Verarbeitung, weitgehend logische Bedienung und eine dem Preis angemessene Ausstattung.
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Echt lässig: Dass es hier nur um die Freude am Fahren geht.
Echt stressig: Touchfelder am Lenkrad.
Echt fett: Was man aus einem normalen Golf alles machen kann.
Echt schade: Dass es so gut wie keine Konkurrenten mehr gibt.
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Daten VW Golf R TSI 4MOTION
Motor: 4-Zylinder Turbobenziner
Systemleistung: 333 PS
Systemdrehmoment: 420 Nm/2.100 U.
Testverbrauch: 8,8 Liter
Vmax: 250 km/h
0 auf 100 km/h: 4,6 Sek
Preis ab 69.590,00 EUR
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