Gewaltschutzzentrum: „Am Land rufen die Opfer nicht so schnell die Polizei“
BEZIRK FREISTADT. Insgesamt 1.175 Betretungsverbote musste die Polizei 2018 aussprechen – nicht einmal 30 davon im Bezirk Freistadt.
Das Gewaltschutzzentrum OÖ berät und unterstützt Personen, die in der Familie oder im sozialen Umfeld von Gewalt betroffen sind, sowie Stalkingopfer. Im Jahr 2018 hatte das Gewaltschutzzentrum OÖ 2.464 Klienten. 84 Prozent der Opfer sind Frauen und diese sind wiederum zu 92 Prozent der Gewalt von Männern ausgesetzt.
Drohungen, Tritte und mehr
Das Spektrum an Gewalt, dem die Frauen ausgesetzt sind, ist dabei breit. „Das reicht von Verbrennungen über Zuschlagen mit Sesseln, mit Vorhangstangen, mit Gürteln schlagen, mit Füßen treten, die Frauen zwingen zu essen, den Frauen verbieten zu essen, die Frauen zwingen, am Boden zu schlafen, die Frauen zwingen, nicht zu schlafen“, zählt Sonja Ablinger, Vorstandsvorsitzende des Gewaltschutzzentrums, das Martyrium von Gewaltopfern auf. Oft sind auch Drohungen im Spiel. „Das häufigste ist, dass er sagt: „Ich bringe dich um“. Das Tragische ist, dass es nicht immer bei der Drohung bleibt.“ Von den 2.464 Klienten des Gewaltschutzzentrums wurden 1.175 durch die Exekutive aufgrund eines Betretungsverbots an das Gewaltschutzzentrum überwiesen.
Wenige Betretungsverbote im Bezirk Freistadt
27 Betretungsverbote wurden dabei im Bezirk Freistadt ausgesprochen. Das ist im oberösterreichischen Bezirke-Vergleich die drittniedrigste Zahl. Auch im Vergleich mit der Anzahl der Einwohner ist die Zahl niedrig: So leben 4,5 Prozent aller Oberösterreicher im Bezirk Freistadt. Es wurden jedoch nur 2,3 Prozent der Betretungsverbote im Bezirk Freistadt ausgesprochen. Eva Schuh, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums OÖ, erklärt das unter anderem mit einem Gefälle zwischen städtischen und ländlichen Gegenden: „Am Land rufen die Opfer nicht so schnell die Polizei“, erklärt Schuh. Oft sei der Gedanke „Was sagt dann der Nachbar“ am Land eine Hemmschwelle. „Wenn der Polizist mit dem Mann am Stammtisch sitzt, dann ist das für die Frau auch schwierig“, erörtert Ablinger zudem.
Unterstützung vor Ort
„Die meisten Betroffenen erleben Gewalt durch ihre Partner – 40 Prozent – und durch ihre Ex-Partner zu 19 Prozent.“ Die Hürden, sich aus einer gewalttätigen Beziehung zu befreien, sind oft immens hoch: Neben der Traumatisierung durch Gewalt spielt hier vor allem die finanzielle Abhängigkeit eine große Rolle. Das Projekt „Perspektive: Arbeit“ unterstützt gewaltbetroffene Frauen beim (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt bzw. beim Joberhalt.“Wir sind auch vor Ort präsent“, weist Ablinger auf die Beratungsangebote in den Regionalstellen – wie der Frauenberatungsstelle BABSI in Freistadt – hin.<
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden