LINZ. Insgesamt 1.175 Betretungsverbote musste die Polizei 2018 aussprechen – 323 davon in Linz. Im Vergleich zum Rest von Oberösterreich sind das überdurchschnittlich viele.
Das Gewaltschutzzentrum OÖ berät und unterstützt Personen, die in der Familie oder im sozialen Umfeld von Gewalt betroffen sind, sowie Stalkingopfer. Im Jahr 2018 hatte das Gewaltschutzzentrum OÖ 2.464 Klienten. 84 Prozent der Opfer sind Frauen und diese sind wiederum zu 92 Prozent der Gewalt von Männern ausgesetzt.
Überdurchschnittlich viele Betretungsverbote in Linz
Von den 2.464 Klienten des Gewaltschutzzentrums wurden 1.175 durch die Exekutive aufgrund eines Betretungsverbotes an das Gewaltschutzzentrum überwiesen. 323 Betretungsverbote wurden dabei in Linz ausgesprochen. Im Vergleich zu den anderen oö. Bezirken ist das eine überdurchschnittlich hohe Zahl. „Am Land rufen die Opfer nicht so schnell die Polizei“, erklärt Eva Schuh, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums OÖ mit Hauptsitz in Linz. Oft sei auch der Gedanke „Was sagt dann der Nachbar“ am Land eine Hemmschwelle. „Wenn der Polizist mit dem Mann am Stammtisch sitzt, dann ist das für die Frau auch schwierig“, erörtert Sonja Ablinger, Vorstandsvorsitzende des Gewaltschutzzentrums, zudem. „Die meisten Betroffenen erleben Gewalt durch ihre Partner – 40 Prozent – und durch ihre Ex-Partner zu 19 Prozent.“
Ausstieg aus Gewaltbeziehung schwierig
Die Hürden, sich aus einer gewalttätigen Beziehung zu befeien, sind oft immens hoch: Neben der Traumatisierung durch die erlebte Gewalt spielt hier vor allem die finanzielle Abhängigkeit der Frau vom Mann eine große Rolle. Das Projekt „Perspektive:Arbeit“ unterstützt gewaltbetroffene Frauen beim (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt bzw. beim Joberhalt.
Ein Täter, mehrere Opfer
Ein weiterer wichtiger Faktor ist auch die Täterarbeit. „Wir haben sehr oft die Situation, dass wir eine Klientin neu bekommen, aber den Täter schon kennen“, so Ablinger. Daher fordert das Gewaltschutzzentrum OÖ eine fixe, gesetzliche Verankerung der Täterarbeit nach Anordnung eines Betretungsverbotes. Die im neuen Gesetztesentwurf geplanten drei Beratungsstunden seien nur der erste Schritt zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung. „Das dauert ein halbes Jahr bis ein Jahr“, schildert Schuh die Zeitspanne die notwendig ist um eine nachhaltige Verhaltensänderung zu erzielen. Besonders gefährlich sei, dass Frauen notwendige Zeit oft unterschätzen würden und Vorsichtsmaßnahmen nicht mehr treffen.
Kooperation wichtig
Auch wäre eine gesetzliche Verankerung über einen verpflichtenden Austausch von Opferschutzeinrichtungen und Tätereinrichtungen notwendig. Nur durch die Kooperation zwischen Opferschutz- und Tätereinrichtung über die Beratungsverläufe kann die Gefährdungssituation eingeschätzt werden und entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Zu Bedenken ist ebenso, dass gerade die Täter, die am gefährlichsten sind, in der Regel nicht bereit sind, sich kurzfristig auf Täterarbeit einzulassen.
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