Männer, macht mit! Beim Einsatz gegen Gewalt an Frauen sind alle gefragt
LINZ. Die Initiative StoP des Linzer Frauenhauses hat am Dienstag, 9. Juli einen Flashmob gegen Männergewalt an Frauen am Martin-Luther-Platz veranstaltet. Tips war vor Ort und hat mit Passanten, anwesenden Politikerinnen und Karin Raab, der Leiterin des Frauenhauses gesprochen. Der Konsens: die Männer müssen mithelfen, damit dem Problem Einhalt geboten wird.
Um fünf nach zwölf fallen am Martin-Luther-Platz dreizehn Personen zu Boden. Einige Minuten liegen sie stumm im Schatten eines Gebäudes, bevor sich wieder erheben. Es ist nach dem Flashmob am Hauptplatz im Oktober 2023 die zweite derartige Aktion von StoP Linz. Was damit erreicht werden soll, ist Aufmerksamkeit: für das Thema Männergewalt gegen Frauen, mit dreizehn Femiziden in der ersten Jahreshälfte 2024 als Spitze des Eisbergs.
Schauen, vorbeigehen, vergessen
Die Flashmob-Teilnehmer sind auch diesmal von StoP-Bannern bedeckt, in der Hand halten sie jeweils einen der dreizehn Femizid-Fälle – Todesdatum, Todesart, Ort des Verbrechens und das Alter der getöteten Frauen. Viele Passanten heben den Kopf, schauen was da passiert und gehen weiter. Ein kleines Mädchen fragt ihren Vater, was es mit dem Geschehen auf sich hat – er wimmelt ab, zieht an ihrer Hand, geht schnellen Schrittes vorbei. Einige bleiben stehen: „Höchste Zeit, dass man da aktiv wird, weil es einfach erschütternd ist, die vielen Todesfälle“, sagt Helga aus Linz. „Leider wird zu wenig getan, gegen die Gewalt. Es hat zugenommen, mit dem Zuzug von ausländischen Männern ist auch die Gewalt bei den inländischen angestiegen“, sagt Theresia aus Linz.
Studie: Zwei Drittel der Täter Österreicher
Die Zahlen widersprechen dieser Einschätzung: Laut einer Studie des Instituts für Konfliktforschung, die Femizide in Österreich untersucht hat (Studie von 2023), hatten 72 Prozent der Täter in den untersuchten Fällen die österreichische Staatsbürgerschaft. Dass Gewalt an Frauen kein importiertes Problem sei, betonte auch die ehemalige AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer immer wieder. Was sich aber sagen lässt: dass häufig eine Beziehung zwischen Täter und Opfer besteht. Laut der erwähnten Studie waren die Partner in 74 Prozent der untersuchten Femizide die Täter.
„Wir müssen bei den Männern ansetzen“
Zurück zum Flashmob in Linz: hier fällt auf, dass vor allem Frauen stehen bleiben um zuzusehen, es sind nur Politikerinnen gekommen, aber keine Politiker. „Man muss benennen, dass Gewalt an Frauen ein Männerproblem ist und dass wir vor allem bei den Männern ansetzen müssen. Wir brauchen auch mehr Männerberatungsstellen.“, sagt Renate Heitz, SPÖ-Landesfrauenvorsitzende in Oberösterreich. Auch Frauenstadträtin Eva Schobesberger meint: „Was ich mir wünsche, ist, dass die Männer endlich anfangen, Verantwortung zu übernehmen. Auch Politiker, nicht nur Politikerinnen, sollten sich zumindest positionieren.“
Männerarbeit als Schwerpunkt
Immerhin: Beim Flashmob machen zwei Männer mit. Auch bei StoP sei die Männerarbeit mittlerweile einer der Schwerpunkte, sagt die Geschäftsführerin des Linzer Frauenhauses Karin Raab. „Wir haben erkannt, ohne Männer geht's nicht. Männer hören auf Männer, auch bei unseren Nachbarschaftstischen gehen die Kolleginnen verstärkt auf sie zu. Es bleibt nicht aus, dass wir die Initiative ergreifen müssen, um Männer zur Verantwortung zu ziehen und mit ins Boot zu holen. Ich bin überzeugt davon, dass es genügend Männer gibt, die Gewalt gegen Frauen ablehnen und von einer Beziehung auf Augenhöhe profitieren.“, sagt Raab.
Starten sollte man mit der Sensibilisierung schon früh, so Raab, weiter. Femizide hätten stark mit Rollenbildern zu tun. „Wenn man schon in der Volksschule beginnt, altersgerecht zu sensibilisieren, kann man diese Rollenbilder aufbrechen.“ Von den Politikern wünscht sie sich, dass sie mit Vorbildwirkung vorangehen und sich gegen Gewalt an Frauen engagieren.
Mehr lesen: Fünf nach zwölf bei Femiziden: Flashmob am Linzer Hauptplatz
AÖF-Statistik zu Femiziden in Österreich
Studie 2023: Untersuchung Frauenmorde – eine quantitative und qualitative Analyse von Birgitt Haller Birgitt Haller Birgitt Haller Birgitt Haller
(Anmerkung: in einer früheren Version dieses Artikels war die Rede von „AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer“. Richtig ist: Maria Rösslhumer war jahrzehntelang die Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, mit Jänner 2024 haben Maja Markanović-Riedl und Alicja Świtoń gemeinsam die Geschäftsführung des AÖF übernommen.)
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