Studie: Wanderplanet könnte Bahnen der äußeren Planeten verändert haben
TORONTO. Eine neue Studie zeigt, dass ein massereicher Wanderplanet das Sonnensystem vor Milliarden Jahren knapp passiert und dabei die Bahnen der äußeren Planeten aus dem Gleichgewicht gebracht haben könnte. Forschende aus Kanada und den USA simulierten 50.000 Szenarien vorbeiziehender Himmelskörper und fanden in einem Prozent der Fälle Konfigurationen, die dem heutigen Sonnensystem erstaunlich ähnlich sind.
Planeten entstehen in einer Scheibe aus Gas und Staub rund um einen jungen Stern. Nach dem Standardbild sollten sie daher fast alle in einer gemeinsamen Ebene mit nahezu kreisförmigen Bahnen umlaufen. Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun weichen jedoch leicht davon ab. Ihre Orbits sind etwas elliptisch und gegeneinander geneigt. Das beschäftigt die Planetenforschung seit Jahrzehnten.
Substellarer Eindringling als Störenfried
Die nun vorgestellte Arbeit von Garett Brown, Renu Malhotra und Hanno Rein liefert eine neue Erklärung. In ihren Rechnungen zieht ein sogenanntes substellares Objekt am jungen Sonnensystem vorbei. Das ist ein Himmelskörper zwischen Planet und Stern, etwa ein frei fliegender Wanderplanet oder ein Brauner Zwerg, also ein erloschender Stern.
Die Forschenden ließen in ihren Modellen Körper mit bis zu fünfzigfacher Jupitermasse an der Sonne vorbeiziehen. Sie variierten Masse, Geschwindigkeit und Flugbahn und verfolgten in jeder Simulation die Entwicklung der Planetenbahnen über viele Millionen Jahre. In etwa einem Prozent der Fälle entstanden dabei Systeme, deren Planetenbahnen dem heutigen Sonnensystem sehr nahe kamen.
Begegnung knapp außerhalb der Marsbahn
Besonders gut passte eine Variante mit einem Objekt rund achtmal schwerer als Jupiter. Es näherte sich der Sonne bis auf etwa 1,7 astronomische Einheiten, also knapp außerhalb der heutigen Marsbahn. Die berechnete Fluggeschwindigkeit lag bei einigen Kilometern pro Sekunde. In dieser Konstellation kippten und streckten sich die Bahnen der Gasriesen genau in dem Maß, das heute beobachtet wird.
Die Wahrscheinlichkeit für eine solch nahe Begegnung schätzen die Forschenden auf etwa eins zu neuntausend während der Zeit, in der die Sonne in ihrem dichten Geburtssternhaufen eingebettet war. In dieser Phase waren nahe Vorbeiflüge anderer Sterne und Wanderobjekte deutlich häufiger als heute.
Innere Planeten blieben weitgehend verschont
In den erfolgreichen Szenarien blieben Erde und die anderen Gesteinsplaneten stabil. Die Modelle zeigen, dass ihre Bahnen nur leicht verändert wurden und im Großen und Ganzen den heutigen Umlaufbahnen entsprechen. Damit spricht die Studie dafür, dass eine extrem nahe Begegnung zwar die äußeren Planeten deutlich beeinflusst, aber die langfristige Bewohnbarkeit der Erde nicht zerstört hätte.
Blick auf andere Planetensysteme
Substellare Objekte gelten in der Milchstraße als häufig. Teleskope finden immer wieder sogenannte Rogue Planets, also Planeten ohne Stern, sowie Braune Zwerge, die durch die Galaxie treiben. Wenn solche Besucher ganze Planetensysteme beim Vorüberfliegen umformen können, wäre das eine Erklärung für die große Vielfalt der bislang entdeckten Exoplaneten Systeme.
Die neue Studie liefert damit nicht nur ein mögliches Puzzleteil für die Geschichte des eigenen Sonnensystems. Sie zeigt auch, dass die Umgebung eines jungen Sterns deutlich dynamischer sein kann als lange angenommen. Ein einziger naher Vorbeiflug könnte reichen, um die Bahnen von Gasriesen und damit die Architektur eines ganzen Systems dauerhaft zu verändern.
Quellen:
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