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Kinder- und Jugendhilfe: Erschöpfung in Familien wird sichtbar

Tips Logo Wurzer Katharina, 16.06.2021 14:47

LINZ/STEYR/OÖ. Mit dem schrittweisen Öffnen nach dem letzten Lockdown wird das hohe Maß an Erschöpfung und Überlastung von Familien sichtbarer. Besonders betroffen sind sozial benachteiligte Familien. Am Mittwoch, 16. Juni, gaben Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer sowie Theresia Schlöglmann und Mario Ferrari von der Kinder- und Jugendhilfe einen Einblick in die aktuelle Situation.

Seit den Öffnungen im Mai wird die Erschöpfung und Überlastung von Familien sichtbarer. Themen sind unter anderem Schulverweigerung, Essstörungen und depressive Verstimmungen (Symbolbild). (Foto: fizkes/Shutterstock.com)
photo_library Seit den Öffnungen im Mai wird die Erschöpfung und Überlastung von Familien sichtbarer. Themen sind unter anderem Schulverweigerung, Essstörungen und depressive Verstimmungen (Symbolbild). (Foto: fizkes/Shutterstock.com)

Die Zahl der Hilfeleistungen der Kinder- und Jugendhilfe blieb 2020 konstant. So wurden beispielsweise rund 5.400 Gefährdungsmitteilungen abgeklärt, das sind fast 15 täglich. Bei einem Fünftel der Meldungen sei eine Kindeswohlgefährdung festgestellt worden, berichtet Theresia Schlöglmann. Sie ist Abteilungsleiterin der Kinder- und Jugendhilfe des Landes Oberösterreich. Der Großteil dieser Familien wurde mobil durch Sozialpädagogen begleitet. Diese unterstützen Familien unter anderem dabei, regelmäßige Tagesabläufe zu schaffen oder Lösungen für herausfordernde Situationen im Erziehungsalltag zu finden. Für 2,4 Prozent der Kinder wurde vorübergehend ein Betreuungsplatz außerhalb der Familie geschaffen. Hintergründe für ein Eingreifen der Kinder- und Jugendhilfe sind etwa Süchte oder psychische Erkrankungen der Eltern beziehungsweise Kinder. Zu bedenken ist laut Schlöglmann, dass familiäre Probleme im Pandemiejahr für andere Systeme wie Schule oder Kinderbetreuungseinrichtungen nicht immer sichtbar gewesen seien. Mit der Öffnung der Schulen steigen die Gefährdungsmeldungen bereits.

Hohe Auslastung bei Krisenangeboten

Gleichzeitig berichten einige Einrichtungen wie Kinderschutzzentren, Kriseneinrichtungen sowie die Kinder- und Jugendpsychiatrie von mehr Kontakten als vor der Pandemie ab März 2020. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind Aufnahmen derzeit wie berichtet nur in Akutfällen möglich, für eine regelmäßige Therapie muss mit einer Wartezeit von mehreren Monaten gerechnet werden. Anliegen sind zum Beispiel Schulverweigerung, Leistungsdruck, Versagensängste, Essstörungen, depressive Verstimmungen und Suizidgefahr. Auffällig sei laut Schlöglmann, dass Kinder mit sozialpädagogischem Betreuungsbedarf immer jünger werden. In Einzelfällen seien sie erst sieben Jahre alt.

Belastungen zunehmend sichtbar

Die Auswirkungen der Belastungen in der Pandemie werden aktuell sichtbarer, ergänzt Mario Ferrari. Er ist Fachabteilungsleiter Jugendhilfe und Soziale Dienste am Magistrat Steyr. Erschöpfung und Energielosigkeit bei Familien nehmen zu, weggebrochene Strukturen müssen erst wieder ins Alltagsleben integriert werden. Viele Kinder und Jugendliche hätten sich etwa bereits mit einem sozialen Rückzug abgefunden und würden viel Zeit vor dem Computer verbringen. Eine weitere Herausforderung sei die zunehmende Systemfeindlichkeit. So dürften manche Kinder nicht in die Schule gehen, weil sie nicht getestet werden. Hinzu kommen Kritik an Corona-Maßnahmen und dass die Kinder- und Jugendhilfe als Teil des Systems wahrgenommen werde. Die von Wirtschaftsexperten prognostizierte Konkurswelle, gefolgt von Jobverlust und drohender Wohnungslosigkeit, werde die Situation laut Ferrari verschärfen.

Mehr Prävention und Ferienaktion

Damit Kinder und Jugendliche in dieser schwierigen Situation nicht übrig bleiben, brauche es „eine besondere Kraftanstrengung unserer Gesellschaft“, sagt Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ). Dazu zählen etwa übergreifende, präventive Hilfsangebote. Kurzfristig wurden zudem die Plätze der Ferienaktionen der Kinder- und Jugendhilfe für armutsgefährdete Familien aufgestockt. „Aufgrund der enormen Herausforderungen, mit denen viele Familien konfrontiert sind, habe ich die zur Verfügung stehenden Plätze für den Sommer 2021 kurzfristig um weitere 514 Plätze aufgestockt. Damit kann ein beinahe kostenfreies (Teilnahmebeitrag 50 Euro) Ferienangebot für Kinder von 6 bis 15 Jahren geschaffen werden, wobei sich das Angebot primär an armutsgefährdete und durch ihre individuelle Situation besonders geforderte Familien (Alleinerziehende, Mehrkindfamilien) richtet“, führt Gerstorfer aus. Die Ferienaktion wird in ganz Oberösterreich verstreut sein. Nähere Informationen dazu sollen demnächst bekanntgegeben werden.

Ein Überblick über Hilfsangebote und Beratungseinrichtungen für Familien findet sich auf der Webseite des Landes OÖ.


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