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Fast die Hälfte der Gemeinden rutscht in den Härteausgleich

Walter Horn, 22.02.2025 09:56

BEZIRK RIED. Immer mehr Gemeinden in Oberösterreich stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Nach Schätzungen wird fast die Hälfte (208 von 438) heuer in den Härteausgleich rutschen darunter laut Bezirks-Bürgermeistersprecher Johann Weirathmüller (ÖVP, Bürgermeister von Taiskirchen) 15 oder 16 (von 36) im Bezirk Ried.

 (Foto: OÖVP, privat)
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Die Ursache ist nicht, dass sie schlecht gewirtschaftet haben oder zu viel Personal hätten, sondern dass sie den Pflichtzahlungen an das Land OÖ nachkommen müssen. Die Landesumlage (eingeführt, damit die finanzstarken Gemeinden die finanzschwächsten unterstützen), die Ausgaben für die Sozialhilfe und die Beiträge zur Finanzierung der Krankenanstalten sind vorgeschrieben. Wegen der wirtschaftlichen Lage und der demografischen Entwicklung steigen sie geradezu unaufhaltsam, während die Einnahmen der Gemeinden (Kommunalsteuer, Ertragsanteile) stagnieren oder sogar sinken.

„Gemeinden müssen entlastet werden“

Der SPÖ-Bezirksvorsitzende und Bürgermeister von Geiersberg, Fritz Hosner, weiß aus Erfahrung: „Die Gemeinden drehen jeden Euro zweimal um, aber die laufenden Kosten sind nicht mehr tragbar. Sie müssen dringend vom Land entlastet werden, ansonsten droht der Lebensstandard in vielen Kommunen zu sinken.“ Die SPÖ schlägt vor, den Krankenanstaltenbeitrag abzuschaffen oder deutlich zu reduzieren. Hosner: „Von der ÖVP hört man nichts, deswegen müssen wir einmal auf den Tisch hauen.“

Als Beispiel für die auferlegten Kostensteigerungen nennt Fritz Hosner die Kinderbetreuung: „Die hat bei uns in Geiersberg mit zwei Tagesmüttern hervorragend funktioniert, alle waren zufrieden. Dann hat das Land ohne Konzept die kostenlose Kinderbetreuung versprochen, die Gemeinde musste Personal einstellen und das Essen organisieren – seitdem haben wir einen Abgang.“

„Ohne zusätzliches Geld wird es nicht funktionieren“

ÖVP-Bezirksobmann Günther Lengauer, Bürgermeister von Utzenaich, weist darauf hin, dass viele Gemeinden die Rücklagen aufgebraucht hätten: „Das Sparpotenzial ist enden wollend.“

Im Bezirk werde zwar gerade im SHV viel gemacht, zudem gebe es in den Gemeinden Verwaltungsgemeinschaften und man überlege, größere Verbände z. B. bei den Bauhöfen oder der Buchhaltung zu schaffen – „trotzdem wird es ohne zusätzliches Geld vom Bund nicht funktionieren“.

Ein Aspekt sei auch, die Härtefallprüfungen zu beschleunigen, damit die Gemeinden schneller ein geprüftes Budget haben und wieder handlungsfähig sind.

Die Reduzierung des Krankenanstaltenbeitrags, wie von der SPÖ gefordert, sei keine Lösung.

„Förderitis, die ihresgleichen sucht

Thomas Dim, FPÖ-Bezirksobmann und Vizebürgermeister in Ried, glaubt nicht, dass der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu verhandelt wird: „Die neue Regierung muss auch sparen.“ Damals sei schlecht verhandelt worden, die Gemeinden hätten statt der sieben Milliarden Euro, die sie gebraucht hätten, nur zwei Milliarden Euro bekommen. Ein weiterer Fehler sei, dass die Vergabekriterien für kleine Gemeinden und Bezirksstädte trotz unterschiedlicher Aufgaben gleich seien.

Stellschrauben zum Entlasten der Gemeinden könnten zum Beispiel eine niedrige Ambulanzgebühr oder sozial gestaffelte Kindergartenbeiträge sein. „In Österreich gibt es eine Förderitis, die ihresgleichen sucht“, sagt Dim und nennt ein Beispiel: „Für Leute, die sich die Gebühren für den Kindergarten nicht leisten konnten, hatten wir früher in Ried einen ‚Tarif Null‘. Familien, die sich so ein Angebot locker leisten können, zahlen einen gewissen Beitrag.“

„An allen Schrauben drehen“

Bezirkssprecher Johann Weirathmüller sagt, dass sich die Amtskollegen im Bezirk in der Beurteilung der Situation „überraschend“ einig seien. Die Gemeinden hätten derzeit ein Einnahmenproblem, das in erster Linie von der Konjunktur abhängig sei, und vor allem „ein massives Ausgabenproblem“.

In den letzten zehn Jahren hätten sich die SHV-Beiträge verdoppelt, die Ausgaben für die Krankenanstalten seinen um drei Viertel gewachsen. Aktuell sei vor allem die Kinderbetreuung ein Problem: „Da haben wir einen großen Abgang.“ Man müsse dem Land aber zugutehalten, dass Neu- und Umbauten gut finanziert seien.

Weirathmüller: „Schimpfen und jammern bringt nichts, wir müssen auch selbst etwas bieten.“ Potenzial für Einsparungen sei noch da: „Wir müssen an allen Schrauben drehen, auch wenn jede einzelne Maßnahme vielleicht wenig bringt. In Summe kommt schon etwas zusammen.“ Er verweist auf die Gemeindebund-Sitzung in dieser Woche, in der ein Vorschlagspapier erarbeitet werden soll.


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