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Dialog im Stift Schlägl: "Die gesamte Gesellschaft ist auf einen funktionierenden ländlichen Raum angewiesen"

Martina Gahleitner, 13.06.2019 08:25

AIGEN-SCHLÄGL. Zukunftsperspektiven für den ländlichen Raum kamen beim Dialog des Stiftes Schlägl zur Sprache. Die drei Referenten am Podium waren sich einig, dass es auf die Menschen selber ankommt. Diese hätten es in der Hand, ob Chancen entdeckt und genutzt werden. Allerdings müsse die Politik Rahmenbedingungen dafür schaffen.

  1 / 4   Unter Moderation von Anni Pichler (OÖ Bauernzeitung) diskutierten Franz Fischler (ehem. Bundesminister und EU-Kommissar), Bioschul-Direktor Johann Gaisberger und Sepp Rottenaicher (ehem. Umweltbeauftrager der Diözese Passau) über Zukunftsperspektiven für den ländlichen Raum (v.l.). Foto: Gahleitner

Das Thema für diesen Dialog wurde aus dem 800-Jahr-Jubiläum heraus gewählt, wie der emeritierte Abt Martin Felhofer sagte. Denn das Stift Schlägl war im Laufe der Jahrzehnte Motor und Pionier für die Entwicklung im Oberen Mühlviertel. Genau solche Initiatoren braucht es auch, ist der ehemalige Bundesminister und Mitglied der Europäischen Kommission Franz Fischler überzeugt. „Es kommt auf die Menschen selber an. Wenn diese nicht die Initiative ergreifen und sich was überlegen, wird sich nichts entwickeln. Das können ihnen die Obergscheiten von oben nicht abnehmen – aber diese können Hilfestellung geben“, sprach er die ländliche Entwicklungspolitik an. Ebendiese gehöre breit aufgestellt, „das kann nicht nur Agrarpolitik sein“, sagte Fischler und ärgert sich deshalb, dass in Brüssel Geld für die ländliche Entwicklung wesentlich stärker gekürzt werden soll, als die Flächenprämie.

Selbsthilfekräfte aktivieren

Auch für Sepp Rottenaicher, ehemaliger Umweltbeauftragter der Diözese Passau und Mitglied der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum, sind die „Selbsthilfekräfte in der Region das A und O“. Er sprach konkret die Bürgermeister an: „Unternehmerische, kreative, mutige, zukunftsweisende Bürgermeister können ungeheuerlich viel aus der Region machen.“ Für ihn ist aber auch klar, dass das aktuell weltweite Wirtschaftssystem so nicht weitergehen kann. „Wir brauchen eine ökosoziale Marktwirtschaft, ergänzt um die Grenzen der Natur. So wie jetzt, kann“s nicht weitergehen – dann ist die Landschaft und Landwirtschaft kaputt.“

Fischler ergänzte, dass die Landbevölkerung viele Schlüssel für eine Transformation in der Hand habe und nannte etwa die Humusanreicherung der Böden, die CO2-Speicherung, die Bedeutung der Forstwirtschaft oder des Bauwesens als Beispiele. „Die ländlichen Gebiete werden einen neuen Stellenwert kriegen, weil die gesamte Gesellschaft auf einen funktionierenden ländlichen Raum angewiesen ist.“

Arbeiten mit Rücksicht auf die Natur

Dass gerade punkto Kreislaufdenken viel in der Region passiert, weiß Bioschul-Direktor Johann Gaisberger: „Es hat bei uns Tradition, dass das Land so weitergegeben wird, damit man davon leben kann.“ Mittlerweile werden ein Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe im Bezirk biologisch geführt. „Der Mensch muss Rücksicht nehmen auf sich selbst und andere, und gleichzeitig die Natur und Ressourcen wahren. Aber es muss daraus trotzdem Wertschöpfung entstehen, denn es geht ums Einkommen, damit die Menschen von der Landwirtschaft leben können und hier bleiben“, betonte Gaisberger und machte darauf aufmerksam, dass 40 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe seit 1995 verloren gegangen sind. Durch Bildung, wie sie an der Bioschule Schlägl passiert, will man zur wesensgerechten Land- und Forstwirtschaft kommen und zugleich Visionen fördern.

Kooperationen haben Wert

Nicht nur am Podium, sondern auch im Publikum war man sich einig, dass in der Region viel Positives passiert und vor allem Kooperationen die Entwicklung vorantreiben. Diese Fähigkeit zur Zusammenarbeit sei am Land weit stärker vorhanden, als im urbanen Raum, meinte dazu Franz Fischler - und „das ist auch ein Grund, dazubleiben.“


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