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Günes zum Thema Rassismus: „Leute, wacht endlich auf!“

Reinhard Leeb, 11.12.2018 18:30

ST.PETER/AU. Ibrahim Günes ist gebürtiger Österreicher und lebt seit vielen Jahren in der Gemeinde. Vor zwei Wochen hatte er von den verstärkten rassistischen Anfeindungen schließlich genug und hat in seinem privaten Profil auf Facebook eine Stellungnahme veröffentlicht.

Ibrahim Günes Foto: Ibrahim Günes
Ibrahim Günes Foto: Ibrahim Günes

Ibrahim Günes ist Österreicher und lebt seit vielen Jahren in St. Peter/Au. Im Internet betreibt er auf Facebook seine Fan-Seite mit knapp 75.000 Followern und seine private Seite mit 1.485 Abonnenten. Aktuell ist er Vorsitzender der sozialistischen Jugend in der Gemeinde. Ibrahim hat zudem kurdische Wurzeln. Es gehört deshalb auch zu seinem Alltag, mit Vorurteilen konfrontiert zu werden. Vor zwei Wochen sind ihm die rassistischen Übergriffe mancher Mitmenschen dann aber doch zu viel geworden. In seinem Schreiben nennt er vorwiegend Mitglieder der Gemeinde-FPÖ als Urheber dieser Übergriffe. Sein diesbezügliches Posting auf Facebook kann hier nur in gekürzter Form wiedergegeben werden.

Günes auf Facebook

„Ich möchte heute nicht auf meiner großen Facebook Seite, sondern hier auf meinem Profil einiges loswerden, da ich hier mehr Leute aus meiner Ortschaft direkt erreichen möchte.

Wir haben in St. Peter/Au ein Rassismus Problem. Lange habe ich dazu geschwiegen, aber nun ist es an der Zeit mich mal darüber zu äußern. Es gibt viele Geschehnisse, aber ich möchte mich jetzt mal zu den jüngsten Fällen äußern.

Vor einiger Zeit saßen ich und eine Freundin im Pub U****. Ein Mitglied der FPÖ St. Peter näherte sich zu ihr und sagte folgendes: „Soll ich den Dreckstürken neben dir abstechen?“ Danach sah er mich an und sagte: „Wegen euch Kanaken kann ich meine Kinder nicht ernähren“. Gott sei Dank erfüllte der Bar Besitzer seine Pflicht und schmiss ihn raus. Nun, vor 3 Wochen traf ich mich mit paar Freunden im H*** * und direkt bei meinem Eintritt schrie einer „Schei* Türke“ - „Schei* Jude“. Er wollte mich verprügeln wurde aber von seiner Begleitung abgehalten. Leute es handelte sich wieder um ein FPÖ Mitglied, aber dieses Mal war es ein anderer…

Was mich bei diesem Mann so traurig gemacht hat, war aber folgendes: Ich habe im Sommer beim Ferienprogramm der SPÖ St. Peter mitgeholfen und Zeit mit den Kids verbracht darunter war ein Junge, der aufgrund seiner Gewichtsklasse ständig von den anderen schikaniert wurde. Natürlich habe ich mich dazwischen gestellt und in einem netten Ton den Kindern erklärt das man sich über so etwas nicht lustig machen sollte. Später als es etwas zum Essen gab, hat sich dieser Junge nicht getraut mitzuessen, weil er Angst hatte, dass die anderen ihn auslachen würden. Deswegen sagte er: „Nein danke, ich hab keinen Hunger..“ Ich habe ihm alles hergerichtet auf einem Teller und gesagt: „Iss was, wenn du Hunger hast, die anderen sagen eh nichts mehr“ - natürlich hatte er Hunger und hat alles aufgegessen. Er war ja auch den ganzen Tag auf den Stationen und hatte auch noch Fußball gespielt!

Nun, der Zusammenhang ist folgendes: Dieser Herr der mich als „Schei* Türke“ bezeichnet hat, ist der Vater von dem kleinen Burschen, um den ich mich so gekümmert habe. Und so etwas sitzt im mir ganz schön, wenn ich ehrlich sein soll…

Ich hoffe, der Kleine wird nicht so eine Einstellung wie sein Vater haben, wenn er mal älter wird!

Nun fahren wir fort, am Samstag dem 17.11 im H*** * habe ich einen Bekannten getroffen und ihn ganz normal mit einem Handschlag gegrüßt. Rein aus Anstand habe ich auch seinen Freunden die Hand zur Begrüßung ausgestreckt. Doch einer von denen hat mir diesen Handschlag verwehrt und gesagt, dass er für gewöhnlich keinem Ausländer die Hand gibt…

Wieder habe ich“s geschluckt, weil ich gelernt habe, dass Gewalt keine Lösung ist und bin deswegen ohne weiteren Kommentar weitergegangen. Aber meine Stimmung war am Boden! Nach einer Weile kam eine Bekannte zu mir, um sich mit mir zu unterhalten. Plötzlich wurde sie zur Seite gezogen mit den Worten: „Rede nicht mit Türken!“ Und wisst ihr, wer ihr das sagte? - ihre eigene Mutter…!

In St. Peter gibt es Jugendliche die im Wald eine Hakenkreuz-Flagge aufhissen und dazu Lieder singen. Als eine Frau beim Ausparken mein Auto erwischte und davonfuhr, erstattete ich eine Anzeige - die Polizei in St. Peter warf mir erstmal vor, ich hätte es selbst gemacht. Herr S. und Herr M. haben mich früher mal bei einem Verhör als Kebab-Türke tituliert und aufs übelste beleidigt! Und als sich herausstellte das nicht ich, sondern ein anderer Schwarzkopf der Gesuchte war, kam nur ein Anruf: „Du warst es nicht, tschüss.“

Leute wacht endlich auf! Es gibt hier Gruppierungen die beim Trinken nicht Prost, sondern Sieg H**l schreien. Weil ich mich mit meinem Onkel auf Türkisch unterhaltet habe, schüttete mir einer sein Bier drüber und sagte: „Verpiss dich zum Erdogan in die Türkei, wenn du türkisch sprechen möchtest.“ Ich möchte mir wirklich keinen Heiligenschein aufsetzen, aber so etwas ist echt das Letzte und es ist abgrundtief, wie sich hier so mancher Erwachsener verhält! Atmen wir nicht dieselbe Luft? Essen wir nicht dasselbe Brot? Ich möchte auch klar und deutlich ausdrücken: Gottseidank gibt es hier auch Menschen mit Zivilcourage! Ansonsten wäre ich fast jedes Wochenende im Krankenhaus und würde wahrscheinlich trotzdem selbst die Anzeige kassieren. Ich bin in Österreich geboren, bin hier zur Schule gegangen, arbeite hier. Ich kümmere mich nicht nur um Integrationswillige Flüchtlinge, sondern, wie ihr auf meiner FB Seite sehen könnt immer wieder um Obdachlose in Wien. Wir teilen vielleicht nicht in jeder Hinsicht die gleichen Ansichten, aber paradox ist, wir wollen doch alle nur das Beste für unsere Gemeinde und unser Umfeld, oder? - Warum wollen mich dann die (meisten) FPÖ Mitglieder jedes Mal zusammenschlagen?

Ich möchte auch nicht alle in einen Topf werfen, sonst wäre ich genauso wie sie! Aber ich möchte einfach nur darauf hinweisen, dass wir in St. Peter/Au ein extrem großes Problem mit Rassisten haben!

Wie ich vor langer Zeit schon mal erwähnt habe: „Ich sage nicht, dass alle FPÖ Wähler Nazis sind, aber alle Nazis wählen die FPÖ...!“ Denkt mal darüber nach...

Ich fordere hiermit alle dazu auf - zeigt Zähne gegen diese Unterbelichteten, von Hass und Neid geprägten, gewalttätigen Idioten. Aja und ich habe keine Angst, aber mein Benehmen, meine Einstellung lässt es nicht zu diese Personen beim Namen zu erwähnen. Auf Gewaltandrohungen könnte ich doppelt und dreifach antworten. Und das wissen viele aus meinem Umfeld. Aber ich bin kein Kind mehr und als erwachsener Mann der selbst genug Alltagsaufgaben zu meistern hat, möchte ich mir solche Fehler nicht leisten.

Gewalt ist keine Lösung! Lesen wäre ja eine Option…

Und vielleicht wird in dem ein oder anderen Postkasten in St. Peter/Au ein Buch gegen Gewalt und Ausgrenzung zu Weihnachten liegen!?

Teilen erwünscht..

Für alle beschrieben Punkte habe ich selbstverständlich Zeugen! .

In Liebe, Ibrahim“

Großes Echo

Ibrahims Zeilen wurden 477 Mal geteilt und mit knapp 200 Kommentaren bedacht. Darunter auch Bürgermeister Johannes Heuras (ÖVP), der festhält, dass Rassismus in einer demokratischen Gesellschaft nichts verloren hat. Er persönlich verabscheue jegliche Form von Fremdenhass bzw. Extremismus. Heuras hat Günes auch zu einem Gespräch eingeladen, bei dem Günes auch seine Forderung deponiert habe, dass die beiden FPÖ-Mitglieder von der Partei ausgeschlossen werden müssen.

Der Parteiobmann der Orts-FPÖ Johann Egger-Richter antwortete auf Anfrage, dass ihm keine konkreten Vorwürfe bekannt seine und er habe bis dahin auch nichts davon gewusst. Es sei ihm auch nicht ersichtlich, worum es im Speziellen gehe. Er beteilige sich auch nicht an solchen Vermutungen. Er sitze sich gerne mit Ibrahim Günes zusammen und bespreche die Vorfälle.

Von der Polizei wurden Gerüchte bestätigt, wonach es vor mehreren Wochen Vorfälle mit Hakenkreuzen im Burgholz gegeben habe.

Punsch am 14. Dezember

Als Folge des Schreibens von Ibrahim Günes ist die Aktion „Punschtrinken gegen Rassismus“ ins Leben gerufen worden. Am Freitag, 14. Dezember ab 15 Uhr wird deshalb ein Punschstand bei der Pizzeria Schabanack eingerichtet. Dort sollen Dialog und Unterstützung vorherrschen. Für die Gemeinde werden Zivilcourage und Anti-Rassismus-Seminare gefordert.


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G.i.O.
G.i.O.
14.12.2018 20:04

Zivilcourage+Charakter=Mangelware..

Nachdem ich soeben den Bericht im TV gesehen habe, ist es mir ein Anliegen mal ein paar Dinge los zu werden. Man kann hier ruhig mal die politische Komponente außer Acht lassen... Denn um ehrlich zu sein macht es für mich keinen Unterschied ob ein 'charakterloser' Mensch weiß, schwarz od. sonstwie ausschaut. Unterbelichtet bleibt also unterbelichtet! Herr Günes wirkt auf mich als wäre er bestens integriert. Auf der einen Seite echauffieren sich die Leute meist berechtigter Weise über Einwanderer, die lediglich den Sozialstaat aussaugen möchten. In diesem Fall handelt es sich jedoch um jemanden der sogar akzentfrei Deutsch spricht u. nebenbei erwähnt auch noch sympathisch auf mich wirkt. Geht's nocht...?!! I glaub die Welt hat andere Sorgen als sich hinter seinem PC zu verstecken u. einen Menschen angreifen, der niemandem etwas getan hat. Es fällt mir ehrlich gesagt auch schwer zu glauben, dass ein 'angeblich krimineller' die Thematik sogar öffentlich im TV anspricht... Es war auch klar, dass dieses Thema wieder einmal Leute auf den Plan ruft, die fleißig 'Trittbrett' fahren u. die 'Kickl-Welle' surfen :) Schaut's auf die die nichts ins System einzahlen, anstatt jemanden auf eine feige Art u. Weise versuchen fertig zu machen. Die Sorgen so mancher Menschen hätte ich gerne, dann hätte ich nämlich keine...;) Ich finde es sollte ein Wahlsystem eingeführt werden, indem man verschiedene Kandidaten aus verschiedenen Parteien wählen kann. Da ich politisch gesehen nicht wirklich bewandert bin, fällt mir der Ausdruck für dieses System nicht ein... Die Wahlen in Österreich bestehen für mich zu fast 100% aus lästigen Kompromissen, die den Bürger/innen ohnehin nicht helfen. In diesem Sinne wünsche ich all jenen ruhige u. besinnliche Weihnachten, die sich vielleicht ein wenig mit meinen Worten identifizieren können. @Ibrahim Günes: nicht unterkriegen lassen. Meiner Meinung nach sollten sich Menschen die hier herkommen ein Beispiel an ihnen nehmen. Ich finde man merkt bei ihnen dass sie wirklich 'Österreicher' sind. An jene die diesen sympathischen Menschen verletzen wollen, wünsche ich einmal sich vorzustellen, wie sich das Ganze aus der Perspektive von Hrn. Günes anfühlen muß. Würden sie so ruhige u. besinnliche Weihnachten verbringen können...? wenn ja macht mir das Angst.. :) MfG W. B..

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st petara
st petara
14.12.2018 14:17

Auch "Ausländer" können Ar#$%@%er sein

Der der sich jahrelang aufs gröbste Assozial verhalten hat, in der Gruppe Gewalt auf schwächere ausgeübt hat, und sich (seine Worte/sein Graffiti) wie im Ghetto benommen hat...meint jetzt die Leute mögen ihn nicht weil sie Rassisten sind? Überraschung: eure Vorstellung kann auch falsch sein. Entweder sind es rassisten, oder es sind leute die von ihm misshandelt wurden und emotional entgleist sind. Wenn er sich nicht um 180° geändert hat würde ich gar nichts auf seine Aussagen geben Fragt lieber mal die Migranten die sich nicht jahrelang asozial verhalten haben ob die es auch so sehen - denn es wäre wichtig zu wissen. Sogar wenn günes sich geändert hat - seine Aussage alleine ist nichts wert - es gibt Gründe warum die leute ihn verachten könnten die nichts mit Rassismus zu tun haben. Und deshalb: andere leute fragen - es wäre wichtig zu wissen.

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Paul D
Paul D
14.12.2018 09:19

Mutig

S.g. Hr Günes, S.g. Herr Leeb sehr gut und wichtig, dass Sie die Vorfälle so klar darstellen und Probleme benennen. Leider gehört heutzutage ja schon wieder einiger Mut dazu, solche Umstände in der Öffentlichkeit benennen, da der Diskurs und Umgang seit Haider & Co in Österreich stark verroht ist. Mfg Paul D