Angela Fichtinger im Interview: "Im Nationalrat braucht man eine dickere Haut"
BAD TRAUNSTEIN. Angela Fichtinger - VP-Bürgermeisterin von Bad Traunstein, Abgeordnete zum Nationalrat und Funktionärin in zahlreichen Vereinen und Initiativen. Wie sie es schafft, das alles unter einen Hut zu bringen und dabei stets Fröhlichkeit und gute Laune zu versprühen - Tips hat mir ihr geplaudert.
Tips: Laut Wikipedia haben Sie Funktionen in weit über zehn Initiativen…
Angela Fichtinger: Echt? Ich wusste gar nicht, dass es zu meiner Person einen Wikipedia-Eintrag gibt. Ja, das stimmt, als Bürgermeisterin ist man ja schnell in viele Vorständen drinnen. Und dann habe ich den Job im Parlament und bin als Vertreter viel in der Region unterwegs. Nichts desto trotz, versuche ich meine Arbeit hier in meiner Gemeinde so gut als möglich zu bewältigen.
Tips: Wie schafft man das alles unter einen Hut zu bringen?
Fichtinger: Ich denke mir oft: was willst du mehr: mir geht es gut, ich bin gesund und kann mitgestalten. Natürlich, manches Mal ist es schon viel, aber abends bin ich meistens zufrieden, weil ich einen tollen Tag hatte. Ich gehe nach wie vor jeden Tag mit sehr viel Freude in das Gemeindeamt und bin gerne da für die Leute. Sonst würde das in meinem Amt auch schwierig werden, wenn man sich überall hinquälen muss.
Tips: Kennen Sie auch freie Tage?
Fichtinger: Eher selten. Wenn mal ein freier Tag ansteht, ist das etwas sehr Besonderes. Das genieße ich dann in vollen Zügen und freue ich mich wie ein Kind über solch kleine Dinge. So zum Beispiel, wenn ich an einem Sonntag um drei Uhr nachmittags heimfahre, und für mich das Wochenende anfängt. Oder wenn es nur eine kurze Rastpause im Auto ist. Glücklicherweise kann ich sehr schnell abschalten. Was allerdings schon anstrengend ist, ist die viele Fahrerei. Und was ich schon ein bisschen schade finde, dass ich nicht so viel Zeit für meine Enkelkinder habe. Aber wenn ich dann bei ihnen bin, dann mit ganzem Herzen und zu 100 Prozent.
Tips: Grundsätzlich muss die Familie viel Verständnis für Ämter wie diese aufbringen, oder?
Fichtinger: Ehrlich gesagt könnte ich es mir nicht vorstellen, wenn meine Kinder noch klein wären. Da ist die Frau noch immer ein wenig im Nachteil. Denn es ist egal welche Funktion du hast, das Management zuhause sowie gewisse Dinge bleiben einfach der Frau. Auch wenn ich sagen muss, dass mir mein Mann sehr viel zur Hand geht.
Tips: War es schon immer Ihr Traum, in die Politik einzusteigen?
Fichtinger: Nein überhaupt nicht, ich bin da eher ganz zufällig reingeraten. Ich war damals noch in Wien und bin erst nach 30, also „nach“ meinen beiden Kindern, im Büro der ÖVP Wien gelandet. Dann ist das Amt der Landesregierung nach St. Pölten gekommen - und wir haben wieder in Bad Traunstein Wurzeln geschlagen. So hat es sich ergeben, dass ich in die Kommunalpolitik eingestiegen bin, obwohl ich nie ein solches Amt angestrebt habe. In kleinen Orten wie Bad Traunstein stellte bislang immer ein Mann und Bauernbündler den Bürgermeister. Aber ich bin sehr positiv aufgenommen worden, das ist jetzt schon zwölf Jahre her. Natürlich, die Herausforderungen sind heute ganz anders als früher, man muss als Bürgermeister sehr aufpassen, dass dir kein Fehler unterläuft, sonst ist man schnell mit einem Fuß in der Kriminalität. Aber ich finde, dass Bad Traunstein eine aufstrebende Gemeinde ist. Ich bin schon stolz auf all das, was wir als Team in der Gemeinde geschaffen haben. Und das funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Hierarchien sind bei uns fehl am Platz, hier ist jeder genauso wichtig wie der andere. Die Wertschätzung dem anderen gegenüber ist wichtig, dazu gehört selbstständiges Arbeiten, jemandem etwas zuzutrauen aber auch die gemeinsame Jause.
Tips: Und als Vergleich, Ihr „Job“ im Nationalrat?
Fichtinger: Im Nationalrat braucht man eine dickere Haut, das kann man mit Kommunalpolitik nicht vergleichen. Dort in Wien bist du nur ein Rädchen im Gesamten, das ist herausfordernd und spannend. Hier in der Gemeinde kann man wirklich etwas bewirken und mitgestalten, was gibt es Schöneres?
Tips: Wie würden Sie sich selber beschreiben?
Fichtinger: Ich sehe mich selbst als unkomplizierten und liberalen Menschen. Ja und als Optimistin, das ist, glaube ich, ein ganz großes Geschenk. Zudem kenne ich das Gefühl der Angst nicht, früher nicht und jetzt auch kaum, darüber kann man sich schon glücklich schätzen. Denn Angst ist nur lähmend.
Tips: Sie sind ja auch in den sozialen Netzwerken sehr aktiv vertreten...
Fichtinger: Ja auf Facebook, das mache ich wirklich ganz gerne, muss ich sagen. Das geht unglaublich schnell und man braucht ja keine Weltsensation zu machen. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als der Computer aktuell wurde. Damals habe ich mir gedacht, damit kennst du dich niemals aus, das werde ich bis zu meiner Pension sowieso nicht mehr brauchen. Und jetzt könnte ich mir es nicht mehr vorstellen ohne mein Tablet und mein Smartphone. Die habe ich selbst im Ausschuss in Wien immer dabei. Sobald ich eine halbe Stunde Zeit habe, schaue ich, was es Neues gibt.
Tips: Ist Pension schon ein Thema für Sie?
Fichtinger: Ich bin im Dezember 60 Jahre geworden und wäre seit 1. Jänner 2017 schon pensionsberechtigt. Es ist noch nicht so, dass ich sie jetzt herbeisehne, aber natürlich wird man schön langsam ablegen müssen. Es wird also spruchreif werden, aber nicht gleich heute oder morgen oder in den nächsten Monaten. Und es liegt mir sehr am Herzen, das alles geordnet und gut weiterzugeben.
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