Mauthausen Komitee ortet Justizskandal in Wels
WELS. Nachdem im vergangenen Jahr nach zwei Feiern des Magistrats der Stadt Wels Fotos mit aufgeklebtem Hitler-Bärtchen und markantem Seitenscheitel sowie vermeintlichem „Kühnen-Gruß“ aufgetaucht waren, ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen NS-Wiederbetätigung. Jetzt wurde das Verfahren eingestellt, was für das Mauthausen Komitee Österreichs (MKÖ) einen Justizskandal darstellt.
Laut MKÖ-Aussendung hält die Staatsanwaltschaft den Neonazi-Gruß für „Satire“. Das MKÖ und die Welser Initiative gegen Faschismus (Antifa) üben deshalb scharfe Kritik an der Einstellung des Verbotsgesetzverfahrens. „Einen Hitler-Auftritt auf dem Sommerfest des Magistrats als ‚Belustigung‘ und das Zeigen des braunen Kühnen-Grußes als ‚Satire‘ einzustufen, ist einfach unglaublich und völlig daneben“, so der Antifa-Vorsitzende Werner Retzl. „Über die Gründe kann man nur spekulieren“, ergänzt Retzl. „Wollte sich die Staatsanwaltschaft die Arbeit mit dem Geschworenenprozess ersparen? Oder sind ihre Beziehungen zur Welser Rathausspitze zu eng?“ – „Nein, natürlich nicht“, betont die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Kerstin Kutsam. „Es wird schlicht und ergreifend der Tatbestand nicht erfüllt“.
Fotos „natürlich verstörend“
Das ursprünglich verbreitete Foto von der Weihnachtsfeier sei „natürlich verstörend“. Aus Bildern mit der Funktion „Live-Fotos“ (diese zeigen zwei Sekunden Videos vor und nach dem Auslösen des Fotos), sei aber ersichtlich, dass das „niemals ein Hitlergruß war“ und der Beschuldigte nach vorne gezeigt hat. „Das MKÖ hat aber keine Akteneinsicht und kennt die Ermittlungsergebnisse nicht, insofern ist das schwierig zu verstehen“, weiß Kutsam. Die Strafbarkeit nach dem Verbotsgesetz setze außerdem eine Verherrlichung voraus. Zieht man es ins Lächerliche, wird der Tatbestand nicht erfüllt. „Insbesondere die ersichtliche Alkoholisierung des Beschuldigten und der schräg aufgeklebte Bart, sprechen aber dafür, dass dies der Belustigung der Beteiligten und nicht der Glorifizierung von Adolf Hitler diente“, heißt es demnach auch in einer Erklärung der Staatsanwaltschaft. Auch beim Kühnen-Gruß sei vorsätzliches Handeln zu verneinen. Der Beschuldigte habe irgendetwas mit „drei Bier“ gesagt, was darauf schließen lasse, „dass dadurch zur Belustigung der Beteiligten auf die (hanebüchene) Rechtfertigung von Heinz-Christian Strache angespielt werden sollte.“
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