Ausgerechnet eine charmebefreite Marke wie Toyota will mir anhand des GT86 zeigen, wie sich ein ehrlicher Sportwagen zu benehmen hat. Ich bin dahingehend ein wenig ambivalent. Die Japaner sind in Zusammenhang mit Vielem zu bringen, mit Freude an Technik (Hybrid), mit Freude am Laden (Verso, Prius+), aber mit Freude am Fahren?
Bevor ich abwinke, beweist mein Langzeitgedächtnis seine Existenz, holt MR-2 und Celica aus den hintersten Gehirnwindungen hervor. Ja sogar das Formel 1-Engagement, wenig erfolgreich zwar aber hey, Formel 1, kommt wieder ans Tageslicht. Potential ist also vorhanden und findet sich im Design wieder.
Breit. Flach. Muskulös. Beim Anblick des GT86 steht fest: Der meint es ernst. Von den überproportionierten Auspuffrohren einmal abgesehen ist es Toyota gelungen, ein hinreißendes Stück Sportwagen zu schmieden. Wieder zu finden auch im Interieur, wo fesselnde Sportsitze und ein Tourenzähler bis 9.000 Umdrehungen heftige Reaktionen auslösen. Ich beginne zu weinen angesichts soviel Talentes, das so lange brach lag. Doch Tränen trocknen schnell, wie auch der Asphalt in der Oktobersonne. Raus auf die Straße. Mit dem Start-Knopf erwecke ich Cerberus aus seinem Schlaf, der auf D gestellte Hebel der 6-Gang-Automatik schärft seine Sinne. Im Übrigen auch meine, was angesichts der Leistungskurve dringend Not tut. Klar, 200 Höllenhunde unter der Haube sind eh auch spannend, interessanter ist aber das was fehlt - ein Turbo. Wenig überraschend bei Toyota. Die gesamte Hybridphalanx muss ohne Zwangsbeatmung von A nach B kommen, Betonung liegt auf „muss“. Im GT86 aber gilt - Daumen hoch für den von Subaru kommenden Boxermotor. Freilich, 209 Newtonmeter klingen zuerst mal wenig, dass der 2-Liter-Motor seine Kraft erst bei 7.000 Touren rausrückt macht die Sache auch nicht besser. Dem gegenüber stehen maximale Drehfreude - und meine Lernfähigkeit. Der japanische Sportler ist ein heckgetriebenes Alpha-Tier. Als solches verlangt er von mir Unterordnung. Ich muss nach seinen Regeln spielen, seine Gesetze befolgen. Nur dann lässt er mich teilhaben an fahrdynamischen Höhepunkten. Die ersten Kilometer dienen dem Speed-Dating, ich nutze sie um zu lernen. Zum Beispiel, dass bei 4.500 Touren und Kick-Down die Automatik hart aber herzlich einen Gang runterschaltet, sich der Boxer auf 6.000 Touren hochzwirbelt um mit herrlich Sound den 8.000er zu erklimmen. Wow. Danke dafür. Für maximale Kurvenhatz eine ganz wichtige Lektion. Der GT86 ist dafür geboren, und jetzt wo ich keine Angst mehr vor Drehzahl habe, darf ich das auch erleben. Das kleine Lederlenkrad liegt herrlich in der Hand, zielgenau zoome ich mich durch kurviges Geläuf. Vollgas am Kurvenausgang kommt extrem gut, das ESP lässt dabei kleine Schlenker zu. Am Ende des Tages schon dirigiere ich den Toyota mit deaktiviertem ESP von Kurve zu Kurve. Und während ich so vor mich hin drifte, denke ich an den fehlenden Turbo. Ich vermisse ihn nicht. Mehr Infos finden Sie auf www.fahrfreude.ccPro: + die totale Humorlosigkeit des GT86 + der einstellige Verbrauch, selbst bei offensiver Fahrweise + das Potential zum zweistelligen VerbrauchContra: - in aller Bescheidenheit - 100 zusätzliche PS wären locker drinFakten Toyota GT86 2,0 Boxer Aut. Motor: 4-Zylinder Boxermotor Hubraum: 1.998 ccm Leistung: 200 PS bei 7000 U/min Max. Drehmoment: 209 Nm bei 6400 U/min Testverbrauch: 9,4 Liter Höchstgeschwindigkeit: 223 km/h Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 8,2 Sek. Preis ab EUR 34.224,00