Hinter den Kulissen – was tun, wenn die Rettung weg ist?
Vielleicht waren Sie selbst schon einmal Zeuge eines Rettungseinsatzes, vielleicht haben Sie es auch von Freunden oder Bekannten gehört: wie das ist, wenn man als Angehöriger daneben steht, sich große Sorgen macht und sich einfach nur hilflos fühlt.
Während die Rettungsteams des Roten Kreuzes am Notfallort sind und ihre Arbeit machen, sind die Angehörigen oft dermaßen angespannt, dass die Zeit einfach vergeht. Da wird einem noch gar nicht wirklich bewusst, was gerade passiert, man ist überrascht und perplex. Schwierig wird es meist, wenn die Rettung die verletzte oder erkrankte Person abtransportiert hat. Dann ist man nicht mehr unmittelbar beim Geschehen dabei, man fragt sich, wie es dem Angehörigen geht, man fühlt sich leer, hilflos, allein.
Auch den Rettungskräften ist bewusst, dass solche Situationen für die Angehörigen herausfordernd sind. Deswegen versuchen sie vor Ort, möglichst klare Informationen zu geben und die Angehörigen mit einzubeziehen. Natürlich bleibt nicht immer viel Zeit dafür, vor allem wenn die verletzte oder erkrankte Person aufwendige medizinische Versorgung benötigt.
Wenn die Rettungskräfte den Notfallort verlassen haben, ist unser erster Tipp für die Angehörigen: Versuchen Sie, Ihre persönlichen Netzwerke zu aktivieren. Rufen Sie Familienangehörige, Freunde und Bekannte an. Schauen Sie, dass jemand zu Ihnen kommt und Ihnen beisteht. Geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid, und viele Dinge lassen sich wesentlich einfacher organisieren, wenn man nicht alleine dasteht. Das mag etwas banal klingen, kann in der Praxis aber große Auswirkungen haben. Falls Sie keine Bezugspersonen haben und nicht wissen, was Sie tun sollen, vertrauen Sie sich bitte den Rettungskräften an. Sie werden ihr Bestes geben, Ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, um eine entsprechende Lösung zu finden.
In besonders belastenden Situationen – wenn es beispielsweise zu einem Todesfall kommt oder der Patient unter Reanimationsbedingungen ins Krankenhaus gebracht wird – gibt es auch Spezialkräfte, die Sie unterstützen können. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen wird, wenn Sie das Gefühl haben, nicht mehr klar denken zu können und sich irgendwie „ohnmächtig“ oder schlicht völlig überfordert fühlen, dann teilen Sie das bitte den Rettungskräften vor Ort mit. Dafür brauchen Sie sich nicht zu schämen, das ist eine völlig normale Reaktion, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen! Unsere Notärzte und Sanitäter haben die Möglichkeit, speziell geschulte Kolleginnen und Kollegen – ein sogenanntes „Kriseninterventionsteam“ – anzufordern. Diese Leute kommen dann zu Ihnen ins Haus und verbringen die nächsten Stunden gemeinsam mit Ihnen. Sie kennen Ihre Bedürfnisse in solchen Situationen und werden Sie dementsprechend betreuen. Dieses Service ist kostenlos und mit keinerlei Verpflichtungen verbunden.
Natürlich sind Situationen, in denen Angehörige von der Rettung ins Krankenhaus gebracht werden, belastend. Das wissen alle Beteiligten, nicht zuletzt, weil diese Situationen meistens völlig unerwartet auftreten. Aber wie Sie sehen, gibt es hier Hilfsangebote. Scheuen Sie sich nicht, sich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Roten Kreuzes anzuvertrauen. Diese sind solche Situationen gewohnt und können meist sehr gut nachvollziehen, wie es Ihnen gerade geht. Sie werden sich bemühen, Hilfe zu organisieren.
Info: Mag. Tobias Mindler ist langjähriger Notfallsanitäter beim Roten Kreuz, Landesverband Burgenland.