Milchüberschuss: „Den Bauern nicht den schwarzen Peter zuschieben!“
WALDBURG. Den schwarzen Peter für steigende Milchanliefermengen (Tips hat berichtet) will Paul Kerschbaummayr sich und seinen Standeskollegen nicht zuschieben lassen. Der junge Milchbauer (28) sieht Versäumnisse bei der Vermarktung und will auch die Wirtschaft und die Konsumenten nicht aus der Pflicht lassen.
Der Tips-Artikel über das geplante Liefermengen-Stabilisierungsmodell bei Gmundner Milch hat Kerschbaummayr in Rage gebracht. „Alleine den Bauern den schwarzen Peter dafür zuzuschieben, dass immer mehr Milch produziert wird, ist nicht richtig.“ Die Gmundner Molkerei, zu deren Lieferanten auch er gehört, habe offenbar zu einseitig auf die Vermarktung von Haltbar-Milch gesetzt.
„Die Marke Gmundner Milch ist weitgehend unbekannt“, so der zweifache Familienvater, der auf zwei Betrieben in Waldburg und St. Oswald/Fr. insgesamt 80 Milchkühe hält. Einer der besten Käse, der Gmundner Berg Premium, ein international preisgekröntes Produkt, laufe im Diskonthandel unter dem Namen der Eigenmarke des Diskonters. Kerschbaummayr: „Das ist ein Marketing-Problem, da liefern wir uns dem Handel komplett aus und sind austauschbar.“ Unter dem Namen der Eigenmarke könne jede beliebige Milch in die Packung kommen. „Vielleicht sind wir Landwirte auch zu schwach und wehren uns zu wenig gegen solche Praktiken“, meint der Waldburger. Natürlich müsse auch der Konsument immer wieder darauf hingewiesen werden, wie wichtig der Kauf regionaler Produkte sei. „Wo unsere Milch drin ist, soll es auch deutlich draufstehen.“
Bauern als regionaler Wirtschaftsfaktor
Was den sinkenden Milchpreis angeht, will der junge Bauer auch die Wirtschaft stärker in die Pflicht nehmen. „Im Februar 2015 hatten wir 38 Cent Milchauszahlungspreis, jetzt haben wir 28 Cent.“ Bei einer Tagesabholmenge von rund 100.000 Litern Milch aus dem Bezirk Freistadt betrage das Minus schon jetzt allein durch die Preissenkung täglich 10.000 Euro. „Das sind pro Jahr 3,5 Millionen Euro Kaufkraftverlust – Geld, das für Investitionen fehlt, und zwar in den meisten Fällen wieder bei regionalen Unternehmen“, rechnet Kerschbaummayr vor. „Vielleicht muss daher auch die Wirtschaft einmal klar und deutlich sagen, dass Lebensmittel einen vertretbaren Preis brauchen.“
Bonus statt Strafe
Statt die heimischen Bauern für zu viel angelieferte Milch mit extrem niedrigen Preisen zu bestrafen, könnte sich der Waldburger ein Bonus-System vorstellen, wie es in Europa bereits namhafte Molkereiunternehmen anwenden. Sie bezahlen ihren Lieferanten einen höheren Milchpreis für geringere oder zumindest gleichbleibende Anliefermengen, bis wieder genügend Verarbeitungskapazität vorhanden ist.
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25.02.2016 13:22
Milchseen.....wohin das Auge reicht!
wenn der vollblut milchbauer kerschbaummayer meint es ist nur ein vermarktungsproblem dann sollte man die grundsatzfrage stellen ob es nicht ein produktproblem ist!?er selbst sah in einer extremen ausweitung der eigene milchproduktion die betriebliche existenz gesichert-dzt war das eben eine fehlspekulation....