Kaineder (Grüne): "EU ist ein Erfolgsprojekt, das wissen die Österreicher"
OÖ. Neben den Großparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ treten bei der EU-Wahl am kommenden Sonntag noch vier weitere Listen an. Für die Grünen geht der Landtagsabgeordnete und Landessprecher Stefan Kaineder aus Dietach auf Platz 14 und somit als bestplatzierter Oberösterreicher ins Rennen. Für ihn ist ein Platz im EU-Parkament zwar aussichtslos
Ganz kurz: Warum sollte man bei Ihrer Partei am 26. Mai das Kreuzerl machen?
Stefan Kaineder: Der Klimawandel ist das drängendste Problem unserer Zeit. Die Grünen sind die einzige Partei die sich wirklich vorbehaltlos, ohne Relativierungen für den Klimaschutz einsetzen und die Riesenherausforderung mit wirklich effektiven Maßnahmen angehen wollen und werden. Wir stehen auch für ein Umdenken in anderen Umweltbelangen. Wir müssen raus aus den Pestiziden, weg vom Glyphosat. Wir müssen den biologischen Landbau stärken, abgehen von Lebensmitteln der Agrarkonzerne hin zu Regionalität. Und wir stehen für den Schutz der liberalen Demokratie, die in immer mehr EU-Ländern in Bedrängnis gerät.
Wo sehen Sie die Stärken des Projektes Europäische Union? Wo die Schwächen?
Stefan Kaineder: Es gibt viele Errungenschaften des gemeinsamen Europas, von denen die Menschen profitieren – viele einzelne aber auch in seiner Gesamtheit. Wir haben die Möglichkeit wichtige und hohe Standards in vielen Bereichen festzulegen. Herausforderungen lassen sich besser meistern und Chancen besser nutzen, zum Vorteil der Staaten aber jedes Bürgers und jeder Bürgerin. Zu den Stärken zählt natürlich auch die Friedenssicherung, Eine der Schwächen ist andererseits der Einfluss der Konzerne und Lobbys, der zurückgedrängt werden muss. Wir wollen die EU demokratischer und effizienter machen. Oft verhindern einzelne Staaten große Zukunftsinitiativen. Deshalb sollte das Einstimmigkeitserfordernis durch das normale Gesetzgebungsverfahren ersetzt werden. Das EU Parlament muss Rechtsvorschriften erlassen und seine Mitentscheidungs- und Kontrollrechte in allen Bereichen ausüben können
Wo braucht es mehr Europa? Wo vielleicht weniger?
Stefan Kaineder: Selbstverständlich ist auch hier der Klimaschutz das Thema, bei dem alle Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen und ihren Beitrag leisten müssen. Viel mehr Gemeinschaft brauchen wir auch in der Außen- und Friedenspolitik. Die Europäische Union war und ist in ihrem Kern ein Friedensprojekt – die Unterstützung der Friedenserhaltung ist eine natürliche Rolle für Europa in der Welt. Und schließlich geht es auch um die soziale Frage und Steuergerechtigkeit. Multinationale Konzerne nutzen gesetzliche Lücken aus um ihre Steuerleistung zu „minimieren“. Sie verschieben ihre Gewinne in Niedrigststeuerländer, zahlen kaum Steuern, verabschieden sich aus der gesellschaftlichen Solidarität. Den Ländern fehlt das Geld, schnüren Sparpakete zu Lasten öffentlicher Leistungen, wichtiger Investitionen und damit zu Lasten der Bürger. Hier müssen wir ganz dringend ansetzen.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, in welcher Frage die Europäische Union unbedingt handeln müsste und es bisher an einer Lösung fehlt?
Stefan Kaineder: Erstens natürlich der Klimaschutz, als das wohl drängendste Problem unserer Zeit. Die Welt hat noch 12 Jahre Zeit, den Klimakollaps zu verhindern und dafür müssen auch auf europäischer Ebene konkrete Politik gemacht und konkrete Maßnahmen gesetzt werden. Europaweit, ja weltweit demonstrieren jungen Menschen für den Klimaschutz. Sie stellen die Schultasche in die Ecke und nehmen ihre Zukunft selbst in die Hand. Unterstützen wir sie handeln wir endlich. Die zweite große Herausforderung ist der Schutz der liberalen Demokratie. Wir wissen, dass in etlichen Ländern diese liberale Demokratie bedroht ist und mit ihr wichtige Instrumente wie die Pressefreiheit. Wir sehen, dass sich Länder immer mehr vom gemeinsamen Projekt Europas distanzieren, politische Strömungen praktische eine Gegenbewegung zu diesem Projekt vorantreiben. Das ist eine gefährliche Entwicklung, der wir uns mit aller Kraft entgegenstellen müssen.
Viele Menschen fühlen sich der EU nicht so nah und sehen sich vorwiegend als Österreicher. Woran liegt das? Fehlt es an der Europäischen Identität? Wenn ja, warum? Was könnte man dagegen machen?
Stefan Kaineder: Es läuft in EU bei weitem nicht alles optimal, aber eine beliebte Vorgangsweise der nationalen Regierungen ist es, die EU für alles verantwortlich zu machen. Etliches ist an der EU zu verbessern und zu reformieren, aber konstant der EU oder besser Schuld an allem zu geben, was unrund läuft und national nichts ins politische Konzept passt, ist kontraproduktiv und stärkt auch in der Bevölkerung nicht die Identifizierung mit der EU. Aber die EU ist ein Erfolgsprojekt, das wissen die Österreicher, sie wissen, was sie an ihr haben. Dafür genügt auch ein Blick auf die Causa Brexit.
Abschließend: Die Wahlbeteiligung ist bei EU-Wahlen immer deutlich niedriger als bei nationalen Wahlen. Warum ist das so? Warum sollte man bei dieser Wahl unbedingt hingehen?
Stefan Kaineder: Weil es um nichts weniger geht als die Zukunft der Union. Nicht nur in welche Richtung sie geht, sondern ob wir weiter an einem gemeinsamen Europa bauen oder ob wir zulassen, dass es bröckelt, auseinanderdriftet. Viele Herausforderungen stehen an, riesige Aufgaben, wichtige Themen. Diese werden aber überschattet von bedenklichen Entwicklungen. Wir sehen, dass sich Länder immer mehr vom gemeinsamen Projekt Europa distanzieren, politische Strömungen praktische eine Gegenbewegung zu diesem Projekt vorantreiben. In einigen Ländern ist liberale Demokratie bedroht und mit ihr wichtige Instrumente wie die Pressefreiheit. Dem müssen wir uns entgegenstellen, mit einem Votum für Europa.
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