Hierzulande denkt man bei „Pick-up“ an Kekse. Warum das so ist und warum das so nicht sein müsste, zeigt der Mitsubishi L200 im Test.
Brainstorming: Der gemeine Pick-up ist der Golf der Amerikaner, laut inoffiziellen Schätzungen hat die Hälfte aller Cheerleader ihre Jungfräulichkeit in einem Ford F-150 verloren. Darüber hinaus sind die Beinahe-Lastwagen in der neuen Welt extrem breitenwirksam. Ob West Coast Gangsta-Rapper, East-Coast Broker oder Middle-East Landei, für jeden hat das Segment etwas Passendes dabei, jeder weiß sich etwas mit Double-Cabine und Transportfläche anzufangen.
Unser Pick-up ist ein Mitsubishi L200. Ein waschechter Japaner. Das kappt jetzt die Gedankenleine zu den USA ein wenig. Passt eh, sind uns eh lieber als die US-Schaukelmühlen. Reden wir lieber über Europa, reden wir über Österreich. Hierzulande sind Pick-up ́s so selten wie Supersportwagen. Das verwundert, denn ganz gewiss gibt es Menschen, vorwiegend 2 WD SUV-Fahrer würden wir tippen, die des Nächtens von echten Abenteuern träumen. Und alles am Mitsubishi L200 ist ein Abenteuer. Einsteigen, Vollgas, Kurven, Gelände, Gepäck verstauen, Parkplätze. Wer hier Tiefgaragen reinprotestiert - die sind weniger Abenteuer denn blanker Horror. Der L200 ist 5,2 Meter lang, 1,8 Meter breit und hat ein Gardemaß von 178 Zentimetern. Sein Gewicht beträgt rund 2 Tonnen, was man sofort glaubt, wenn man ihm Aug in Aug gegenüber steht und man weiß, dass das Allrad System „Super Select 4“ samt Mitteldifferential und Geländeuntersetzung unterm Blechkleid seine Arbeit gerne auch im Grünen verrichtet.
Vorne tut dies ein 2,4 Common-Rail-Diesel mit 181 PS und 430 Newtonmetern maximales Drehmoment. Ein Bulle für einen Bullen, weniger Schmackes will man sich eher nicht vorstellen. Mehr aber auch nicht, bei hoher Stirn und behäbigem Kurventalent. Beides hält den Diesel nicht davon ab, kräftig durch zu ziehen und für sehr gute Fahrleistungen zu sorgen. Die Geräuschkulisse ist, sagen wir, präsent, die Start/Stopp-Automatik hinterlässt eher einen geschüttelten als gerührten Eindruck. Aber sie hilft den Verbrauch zu drücken, wir haben unter Aussparung von Highwayeskapaden knappe 8 Liter im Schnitt verbrannt. Passt.
Beim Interieur weicht Mitsubishi den hemdsärmeligen Charakter ein wenig auf und bemüht sich um PKW-Feeling. Passt nicht. Gefällt trotzdem. Irgendwo muss das Rustikale ja ein Ende haben und wenn man schon hoch oben thront, dann bitte gerne auf feudalem Ledergestühl. Auch dem Interieur merkt man den Versuch an, das Nutztier hinter sich zu lassen. Der Bildschirm des MMCs Navi ́s samt Rückfahrkamera ragt aus dem Dashboard hervor, Bedienung und Verarbeitung sind durchaus erquicklich. Wunder sind wie wohl keine zu erwarten, Premium spielt es nicht. Die Platzverhältnisse gehen voll in Ordnung, dank Double Cabine finden bis zu 5 Personen im L200 ein standesgemäßes zuhause. Ein eigenes Thema ist freilich der Bereich Transport. Der L200 ist so variabel wie eine Scheibtruhe, gut, bei einer Ladefläche von 1,5x1,47 Meter würden umlegbare Rücksitze auch reichlich affig wirken. Der offenen Ladefläche begegnet man am Besten mit EUR 3.034,--, soviel kostet die „Sportlid“ genannte Abdeckung samt Überrollbügel.
Stichwort Euros. In der Top-Ausstattung „Instyle“ sind EUR 36.490,00 zu berappen, die oben erwähnten Zusatzkosten sind sinnvollerweise gleich mit einzukalkulieren. Dafür gibt’s zeitgemäße Assistenzsysteme, Bi-Xenon, Keyless und – Obacht –5 Jahre Werksgarantie. Die Abenteuer im Kopf gibt es ganz umsonst.
Mehr über Mitsubishi auf www.fahrfreude.cc
Was er kann: 3 Tonnen ziehen. 50cm tief baden.
Was er nicht kann: Sich klein machen.
Ändern würden wir: Den Namen.
Extralob gib es: Für den bulligen Diesel.
Daten Mitsubishi L200 Doppelkapine 2,4 DI-D
Motor: 4-Zylinder Dieselmotor Hubraum: 2.442 ccm Leistung: 181 PS bei 3500 U/min Max. Drehmoment: 430 Nm bei 2500 U/min Testverbrauch: 8,0 Liter Vmax: 179 km/h 0 auf 100 km/h: k. A. Preis ab EUR 32.990,00
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